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aber ebenso ausdauernd und gewandter als jene und können sowohl in ihrem Äußern als im Charakter ihre romanische Abstammung nicht verläugnen; auch sind die Tugenden ihrer Voreltern, (Gottesfurcht, Aufopferungsfähigkeit, Fleiß und Ordnungsliebe) in vielen Familien noch zu treffen. Die Erwerbsquellen bestehen hauptsächlich in Feldbau und Viehzucht, dann in etwas Kleingewerben und bei einem Theil der Ärmeren in Fabrikarbeit. Leineweberei und Linnenspinnerei wird sowohl zum eigenen Bedarf als auch zum Verkauf betrieben. Eine mit Erfolg betriebene Ziegelei liefert gute Ziegel und vortrefflichen Kalk, wozu die Steine aus den hiesigen Kalksteinbrüchen bezogen werden. Zwei Schildwirthschaften, eine Speisewirthschaft, und zwei Kramläden bestehen. Die Einwohner haben wenig Vermögen, doch finden sie alle ihr Auskommen. Der begütertste Bürger besitzt 40, der Mittelmann 12, die ärmere Klasse 2–3 Morgen Feld; gegenwärtig bedarf Niemand einer Unterstützung von Seiten der Gemeinde.

Die sehr kleine, ziemlich ebene Markung hat im allgemeinen einen fruchtbaren Boden, der vorherrschend aus Lehm besteht, theilweise ist er mit Thon vermischt, naßkalt und weniger fruchtbar; an einzelnen Stellen treten die Zersetzungen des Muschelkalks auf und liefern einen leichten kalkhaltigen Boden.

Das Klima ist ziemlich mild und gestattet noch einen namhaften Obstbau, der jedoch in neuerer Zeit, vermuthlich wegen ungünstiger Witterungsverhältnisse, namentlich trockener Sommer, etwas zurückgegangen ist. Frühlingsfröste und kalte Nebel sind nicht häufig, dagegen ist die Gegend den rauhen Winden sehr ausgesetzt und Hagelschlag kommt häufig vor.

Die Landwirthschaft wird so gut als es die Verhältnisse erlauben betrieben, indessen läßt der beschränkte Futterbau eine ausgedehntere Viehzucht nicht zu, daher der nöthige Dünger, namentlich auch wegen Mangels an Streu, nicht erzeugt wird. Verbesserte Ackergeräthe, wie der Suppingerpflug, die Walze, die Repssämaschine, der Felg- und Häufelpflug haben längst Eingang gefunden. Von den gewöhnlichen Cerealien baut man vorzugsweise Dinkel, Haber und Gerste, ferner kommen zum Anbau, Kartoffeln, viel Futterkräuter (dreiblättriger Klee, Luzerne, Esparsette, Grünwicken), Angersen, Erbsen, Linsen, Hanf, Reps und Mohn; die beiden letzteren werden, jedoch in geringer Ausdehnung, auch nach außen abgesetzt. Von den übrigen Felderzeugnissen kommen etwa 200 Scheffel Dinkel, 300 Scheffel Haber, 15 Scheffel Gerste und 200 Scheffel Kartoffeln meist nach Baden zum Verkauf.

Der beschränkte Wiesenbau, dem keine Wässerung zukommt, liefert ein gutes Futter.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0276.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)