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und Spott. In Krankheitsfällen wird stark Sympathie betrieben, und es werden alte Weiber, Schäfer, Schmiede, besonders aber Fuhrleute, die im Geruch des Helfenkönnens stehen, konsultirt. Ein Hexenmeister und Hauptsympathetiker Dollmann spielte lange in einer gewissen Gegend eine große Rolle und erfreute sich zahlreichen Zuspruchs, bis er selbst den Pocken erlag. Besonders bei Krankheiten des Auges, den Schußblattern etc. wird häufig Hilfe an der falschen Stelle gesucht. Bei Kindbetterinnen wird darauf geachtet, daß nichts aus dem Hause geliehen werde; will sich der krankhafte Zustand nicht heben, so wird „das Hühnle zum Dachladen hinausgelassen“ und angenommen, daß mit dem Huhn der böse Geist der Krankheit aus dem Hause getrieben werde. Bei Neugeborenen soll vor der Taufe der Kopf des Kindes auf einem untergelegten Gebetbuch ruhen, auch soll in der ersten Nacht ein Licht brennen, damit dem Kinde nichts beikommen kann. In Jagsthausen soll sich der Brauch, die Obstbäume, zur Erhöhung der Fruchtbarkeit, am Weihnachtsabend beim Betläuten mit Strohseilen zu umbinden, bis in die neuere Zeit erhalten haben. (Birlinger, Aus Schwaben 2, 13.)

Sagen.

Natürlich spukt es fast auf allen Markungen an der oder jener Stelle, wo man irregeführt wird, wie im Kocherwäldchen bei Jagstfeld, oder wo man eine weiße Gestalt sieht, wie am Salinenkanal auf Duttenberger Markung und am Kocher bei Gochsen, wo einmal ein Mord an einem Mädchen verübt worden sein soll. Auch auf Oedheimer Markung soll man bei Falkenstein einen Geist gesehen haben, das Falkensteiner Lichtle, sowie im Gemeindewald Diener oder Loch, wo früher ein Nonnenkloster gestanden habe, eine Nonne, das Lochfräulein genannt. „Das wilde Heer“ tritt ganz vereinzelt auf: auf Brettacher Markung, bei der nach Langenbeutingen führenden Vizinalstraße, will man es schon vernommen haben. Besonders im Wald ist es zum Theil nicht geheuer, so beim schönen Eichle im Hardthäuser Wald, einer in früheren Zeiten durch Räubereien unsicheren Gegend: im Lochwald, Kocherthürner Markung, soll das „Lohmännlein“ sein Wesen treiben, und der „Haldengeist“ rumort theils auf den südlichen Waldhöhen des Bezirks bei Cleversulzbach, theils treibt er auch auf der Ebene, in den Feldern des Kocherthals, sein Unwesen, wo er nächtliche Wanderer durch betrüglichen Irrlichtschein irreführt. In Zusammenhang mit ihm mag auch der „Ohrfeigenplatz“ auf Gochsener Markung stehen, an welchem der Nachts Vorübergehende von unbekannter Hand einen Schlag erhalten soll. In Gochsen erzählt man noch, daß in dem Tuffsteinfelsen am südöstlichen Hang gegen den Kocher, wo früher eine Art Höhle war, in alten Zeiten die „Wasserfrälich“ (– fräulein) gewohnt haben, welche öfters Nachts zu den Bewohnern Gochsens auf Besuch

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Neckarsulm. Kohlhammer, Stuttgart 1881, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OANeckarsulm0112.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)