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Ernst Boger, Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oehringen

dem es sich anfänglich hauptsächlich um die Erbauung des schadhaft gewordenen Läutthurms und um die Vergrößerung und Restauration des Chors und der Krypta (Gruft) handelte, wie auch in dem Sammelbrief von 1457 deutlich ausgesprochen ist: … „So haben mir eynhelliglichen vnd mit wolbedachten mute, vnd rat einen großen vnd kostlichen Buwe furgenommen vnd angefangen einen neuwen thurn zu buwen der dann ytzunder in guter hohe vffbracht vnd besonder die Stadt hinder der krufft da sich die muter gots so gnediglichen vnd barmhartziglichen erzeiget hat mit einer neuwen krufft vnd kore vnd die alte krufft vnd kore damit treffenlichen zu erweyten.“ …

Bald nach Ausstellung dieses Briefes erfolgte der längst besorgte Einsturz des alten Glockenthurms,[1] wodurch die alte Kirche so beschädigt wurde, daß man einen Neubau derselben beginnen mußte, der alsdann unter Benützung einzelner Theile der früheren Kirche ausgeführt wurde. Im Jahr 1494 war das Schiff unter Dach und die Einweihung der Kirche geschah durch den Vicar des Bischofs von Würzburg.

Als Baumeister kommen vor (1491), Meister Hans von Aurach und Meister Bernhard sein Mitgesell. Die Beaufsichtigung des Bauwesens und die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben, war einigen Chorherrn anvertraut.

An die Nordseite der Kirche schließt sich das Stiftsgebäude an, das in seinem unteren Stockwerk die Kreuzgänge, in dem oberen derzeit die 6 Lehrzimmer des Lyceums (früher die Liberei, der Kapitel-Saal des Stifts etc.) enthält.

Der Kreuzgang ist 12′ 4″ breit und 20′ 4″ hoch; der mit der Kirche parallel laufende Flügel hat eine Länge von 101′ und die 2 senkrecht darauf stehenden Flügel sind je 50′ lang; er enthält spitze, in den Bogentheilen mit Maßwerk gefüllte Fenster der späten Gothik und ist mit einem schön construirten Netzgewölbe versehen. Das obere Stockwerk hat oblonge gepaarte Fenster; von demselben führt eine Wendeltreppe zu einem nun zugemauerten Eingang in die Kirche, den früher die Stiftsherren benützten. Der von dem Kreuzgang und der Kirche umschlossene Raum diente früher zu Begräbnissen, während diejenigen, die zum gemeinen Brod eine Jahreszeit


  1. Campanile nuper cecidit et cadendo unam partem ipsius ecclesiae quasi penitus inquassavit“ (Ablaßbrief des Pabst Calixt III. A. 1457.)
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Ernst Boger, Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oehringen. H. Lindemann, Stuttgart 1865, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAOehringen0112.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)