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Überhaupt hat die Theuerungsnoth der Jahre 1846/47 eine große Verarmung aufgedeckt. Die hiedurch, und durch die in Folge der politischen Ereignisse des Jahres 1848 eingetretene Kreditlosigkeit dem Wohlstande geschlagenen Wunden geben sich in der Zunahme der Gantprozesse, deren Zahl sich in den Jahren 1833 bis 1848 zwischen 10 und 30 bewegt, in dem Jahre 1848/49 aber auf 63, und im Jahre 1849/50 auf 82 vermehrt hat, auf beunruhigende Weise zu erkennen.

Große Gutsbesitzer fehlen fast ganz; es ist nur ein Privatmann vorhanden, der nahe an 100 Morgen besitzt; das Grundeigenthum der übrigen 20 größten Gutsbesitzer beträgt 40–73 Morgen, und ein Grundbesitzthum von 20–30 Morgen macht schon den großen Bauern aus. Doch darf bei Beurtheilung der Erwerbsquellen des Bezirks nicht verkannt werden, wie sehr derselbe durch die Nähe der Residenz begünstigt, wie dadurch der Absatz aller Feld- und Ökonomieprodukte und Fabrikate erleichtert, Gelegenheit zum Taglohnsverdienste gegeben und den Handwerkern die Concurrenz mit den höher besteuerten und theurer lebenden städtischen Meistern möglich gemacht ist, nicht zu gedenken der vielfachen Unterstützung und Hülfe, welche manchen armen Bezirksangehörigen der von ihnen nicht selten durch den Bettel mißbrauchte Wohlthätigkeitssinn Stuttgarts gewährt. Mit Ausnahme der oft in übergroßer Zahl vorhandenen Gewerbe, welche der Landbewohner zur täglichen Nothdurft und Nahrung bedarf, findet man verhältnißmäßig wenig Industriegewerbe im Bezirke und von größerer Bedeutung ist nur die übrigens in neuerer Zeit in Abnahme gekommene Leinwand- und Baumwollweberei, welche mehr als 600 zünftige Meister beschäftigt und noch von einer großen Zahl Anderer als Zwischenbeschäftigung neben der Landwirthschaft oder einem andern Gewerbe getrieben wird (vrgl. Ortsbeschreibungen von Plieningen und Vaihingen).


2. Vermögen.
Der Geldwerth des steuerbaren Grundeigenthums berechnet sich im zwanzigfachen Betrag des für die Zwecke der Besteuerung angenommenen
jährlichen Ertrags auf 5.513.226 fl.
der Geldwerth der steuerbaren Gebäude nach dem Kataster-Anschlag 2.877.880 fl.
der Geldwerth des Viehs[1] 378.135 fl.
8.769.241 fl.
  1. Bei der Ermittlung des Geldwerthes des Viehstapels werden für ein Pferd 50 fl., für ein Stück Rindvieh 25 fl., für einen Esel 10 fl., für ein Schaf 6 fl., für ein Schwein 8 fl., für eine Ziege 5 fl. und für einen Bienenstock 5 fl. gerechnet. Vergl. Württ. Jahrb. 1849. I. S. 220.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 048. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_048.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)