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des hier beginnenden Bombachthales. Hier beginnt die sonst einförmige Physiognomie der Filder auf einmal malerischer zu werden und bildet einen allmähligen Übergang zu der anmuthigen Neckarthalgegend. Die Ansicht des Orts mit seinem hübschen, alten, wohlgelegenen Kirchlein und dem daneben stehenden Pfarrhaus ist eine äußerst freundliche. Die Luft ist gesund und mild, die rauhen Nord- und Ostwinde, wie die feuchten Westwinde haben hier weniger Zutritt, als die warme Südluft; Hagelschlag kommt selten vor.

Laufende Brunnen sind hinreichend vorhanden und überdieß fließt der Bonbach durch den westlichen Theil des Orts. An dieser Seite lag auch ein im Jahr 1820 vom Staat an einen hiesigen Müller verkaufter See, welcher 16–17 Morgen groß war, Fische, wilde Enten und Wasservögel beherbergte, aber im Jahr 1836 trocken gelegt und in vorzügliches Ackerfeld, welches vom Staate 30jährige Zehentfreiheit erhielt, umgewandelt wurde. Mit dem See verschwanden zugleich die kalten Fieber, welche dessen Ausdünstung häufig verursachte. Der See wurde von mehreren in der Nähe des Orts entspringenden Quellen gespeist und sein Ablauf trieb unterhalb des Dorfes eine Mühle, welche bei seiner Austrocknung einging. Eine im Jahr 1837 neu angelegte Mühle im Wiesthale unterhalb des Ortes, welche von nahe entspringenden Quellen und vom Bonbach nur spärlich Wasser erhielt, ist 1845 abgebrannt und nicht wieder aufgebaut worden. Jetzt dient das Wasser zu einer künstlichen Wiesenwässerung, welche im Jahr 1848 angelegt wurde.

Die ganz aus Quadern erbaute Kirche steht auf der Anhöhe an der östlichen Seite des Dorfs und hat ein ehrwürdiges Ansehen. Der nicht hohe, aber sehr dicke viereckige Thurm aus der spät-gothischen Zeit, ist der schönste im Bezirk. Eigenthümlich ist der spitzbogige Eingang, der sich gegen Innen allmählig verschmälert und durch den Thurm zur Kirche führt. Das Chor mit einem Netzgewölbe und dreispitzbogigen, schmalen, zweitheiligen Fenstern, hat den gleichen Styl wie der Thurm; dagegen scheint das Schiff der Kirche, vermuthlich in Folge von Baufälligkeit, mehrere Veränderungen erlitten zu haben. Die gothischen Fenster mußten hier mit Ausnahme von zwei auf der Südseite, den schmucklosen, oblongen weichen, und in einer spätern Zeit wurden, um mehr Licht in die Kirche zu bringen, sogar noch quer gestellte, rechteckige Fenster angebracht, welche nun vollends die sonst so schöne Kirche verunstalteten. Über dem Eingang in die Kirche steht: 1635, wohl das Jahr, in welchem die erste Veränderung vorgenommen wurde, und die auf der Nordseite über einer vermauerten Thüre stehende Zahl 1750 gibt ohne Zweifel Aufschluß über die Zeit der zweiten Verstümmlung. Die ursprüngliche Erbauung der

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_126.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)