Seite:OAStuttgartAmt 138.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

aus, in welcher von schönen Hügeln umgeben Stuttgart versteckt liegt, westlich im Nesenbachthal zeigt sich das malerische Heslach; den Hintergrund begrenzen nordwestlich die Höhen des Löwensteiner Gebirgs und des Strombergs und durch die Lücken zwischen diesen trifft das Auge auf den kegelförmigen Katzenbuckel und mehrere Punkte des Odenwalds; in westlicher Richtung sieht man als einen schmalen Streifen den Zug des Schwarzwaldes und gegen Süden die schroff markirte Kette der Alp. Insbesondere bietet diese Aussicht das im letzten Jahrzehend von dem Baron v. Taubenheim auf einer Terrasse an der Südseite der in das Dorf einmündenden Weinsteige in italienischem Geschmack erbaute Landhaus, welches jetzt dem Commerzienrath v. Jobst in Stuttgart gehört. Vermöge seiner hohen, freien Lage hat das Dorf eine reine, aber etwas rauhe Luft und Mangel an Wasser. Es befinden sich auf der Markung zwar einige Quellen (namentlich eine in der Weinberghalde, Heslach zu), sie können aber, weil sie tiefer als der Ort liegen, nicht in denselben geleitet werden, die Einwohner müssen sich daher mit Pump- und Ziehbrunnen begnügen, welche schlechtes Wasser liefern. Nur 1/4 Stunde südlich von Degerloch, rechts vom Fußweg nach Plieningen, ist ein massiv gefaßter, nie versiegender, laufender Brunnen, der sogenannte Käs- oder Ittinghäuser Hofbrunnen, der häufig, besonders wenn in trockenen Jahrgängen die Ziehbrunnen versiegen, benutzt wird. Auf den Fall der Feuersgefahr sind zwei Wetten im Ort und zwei außerhalb desselben angelegt. Die Gegend hat das Glück, selten vom Hagelschlag betroffen zu werden, da der südwestlich gelegene Hasenberg eine Wetterscheide bildet und die Gewitter dem Unterlande zuweist. Die Pfarrkirche, an der durch Erneuerungen die ursprüngliche Bauweise verdrängt ist, macht keinen besonderen Eindruck; sie ist ohne Chor, der ohne Zweifel laut Jahrzahl ob dem nördlichen Eingang im Jahr 1621 bei Vergrößerung des Schiffs einging. Die vordere Seite mit spitzbogigen Fenstern, deren gothische Füllungen erst vor einigen Jahrzehenden herausgeschlagen wurden, weist auf die Zeit von 1450–1500, in welcher (1468) Degerloch aufhörte, Filial von Möhringen zu seyn. Der viereckige Thurm, ein Bauwesen aus rohen Steinmassen und nur von der Emporkirche zugänglich, hat 3 alte, mit schießschartenartigen Öffnungen versehene Stockwerke; das 4te mit der Uhr und das 5te mit je 3 rundbogigen Schalllöchern, auf dem ein flaches Dach sitzt, wurden erst im Jahr 1829 aufgebaut. In dem Thurme hängen 2 Glocken, welche laut Inschriften im Jahr 1770 von Georg Peter Becker in Stuttgart, und im Jahr 1805 von C. G. Neubert in Ludwigsburg gegossen wurden; an die größere knüpft sich der Glaube, daß Personen, welche heiser sind oder die Stimme verloren haben, von ihrem Übel geheilt werden, wenn sie ihren

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_138.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)