Seite:OAStuttgartAmt 145.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Rathsstube befindet sich eine hübsch gemalte Glasscheibe, das württembergische Wappen darstellend.

Die Einwohner, häufig schlank gewachsen und von stattlichem Ansehen, sind im Allgemeinen ordnungsliebend, arbeitsam und mäßig; Ehe- und Familienzwiste gehören bei ihnen zu den Seltenheiten. Bei dem Wohlstand, welcher – trotz der 124.000 fl. versicherter Schulden der Ortsangehörigen – verhältnißmäßig bedeutend ist, zeigt sich hier viel Selbstgefühl, von der andern Seite aber auch viel kirchlicher Sinn, rege Theilnahme an anderer Leid und Freud, und ein nicht selten zu weit gehendes Festhalten an alter Sitte und Gewohnheit.

Die Hauptnahrungszweige der Einwohner sind Feldbau und Viehzucht; der Grundbesitz der 6 größten Gutseigenthümer besteht in 40–95 Morgen. Der Feldbau steht auf einer blühenden Stufe und wurde in den letzten Jahrzehnden durch das belehrende Beispiel von Hohenheim und durch einige rationelle Landwirthe[1] noch mehr gehoben. Überdieß haben die Güter der Markung eine sehr günstige, beinahe ebene Lage und einen leicht zu bearbeitenden, humusreichen Diluviallehmboden, der bei der fleißigen und trefflichen Bebauung, die ihm zu Theil wird, einen segenreichen Ertrag liefert. Manche zweckmäßige landwirthschaftliche Neuerungen, wie gut angelegte Dungstätten, der Flandrische Pflug, das Trocknen des Klees an Heinzen etc. haben Eingang gefunden. Im Dreifeldersystem werden von den gewöhnlichen Halmfrüchten Dinkel, Haber, Gerste, weniger Roggen, Weizen und Einkorn gebaut; Dinkel und Haber wird sehr viel nach Außen verkauft. Die Erzeugnisse der ganz eingebauten Brache sind: Kartoffel, Spitzkraut, Reps, Futterkräuter, Flachs und Hanf; der Flachsbau, der früher eine namhafte Einnahmsquelle der Echterdinger bildete, hat seit einigen Jahren sehr abgenommen, doch sind noch 150–170 Morgen hiefür bestimmt; im Jahr 1840 wurde von der Gemeinde eine Wasserröstgrube eingerichtet. Von den Felderzeugnissen gedeihen Dinkel, Roggen, Flachs, Hanf und Spitzkohl ganz ausgezeichnet; letzterer wird in großer Menge gebaut und weit hin verkauft. Der Mittelertrag an Dinkel wird zu 8–9 Scheffel, an Gerste zu 4–5 Scheffel und an Haber zu 6–7 Scheffel per Morgen angegeben. Die Ackerpreise bewegen sich von 200–600 fl. per Morgen. Der Wiesenbau erstreckt sich über etwa 800 Morgen und liefert vorzügliches Futter, das theilweise nach Außen verkauft wird. Die Preise gehen von 150–600 fl. per Morgen. Die noch im Zunehmen begriffene, ausgedehnte Obstzucht beschäftigt sich beinahe ausschließlich mit Mostsorten. Das Obst, welches theils im Ort gemostet, theils auswärts verkauft wird, geräth sehr gerne; der Ertrag


  1. Das Oberamt nennt als solchen vorzugsweise den Ökonomen Fried. Bayha.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_145.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)