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in mittleren Jahren ist ungefähr 30.000 Simri. Südöstlich vom Ort, am sogenannten Kelternrain, wo auch eine Kelter stand, wurde früher Wein gebaut. Die Gemeinde besitzt etwa 1100 Morgen Waldungen, die meist mit Laub-, weniger mit Nadelholz vorzüglich bestockt sind, und aus welchen jährlich 70–80 Klafter und 20.000 Wellen genützt werden; hievon erhält jeder Bürger 30–36 Stück Wellen (die einzige in Echterdingen bestehende bürgerliche Nutzung), das übrige wird verkauft und der Erlös zu Gemeindezwecken verwendet; die Waldungen schließen sehr schöne Steinbrüche in sich, welche von den Ortsangehörigen für den eigenen Gebrauch unentgeldlich benützt werden dürfen. Echterdingen hatte früher eine Schönbuchsgerechtigkeit, die der Staat im Jahr 1820 mit 364 Morgen Waldungen, welche in dem sogenannten Herrenwald und der Federlesmad liegen, ablöste. Die Schafweide nebst Pförchgeld erträgt jährlich 1300 fl. Die Pferdezucht ist nicht bedeutend, dagegen bildet die Rindviehzucht einen namhaften Erwerbszweig. Eine gute Landrace, Neckarschlag, veredelt sich sichtlich durch Simmenthaler Farren; die Verpflichtung zur Faselviehhaltung hat der Staat als Rechtsnachfolger des Klosters Bebenhausen und verpachtet solche. Im Vorsommer laufen ungefähr 450 und im Nachsommer 600 Bastarde auf der Markung, die im Ort Überwinterung finden. Außer diesem besitzen mehrere Bürger zusammen gegen 1000 Stück Schafe, die den Sommer über auf der Alp weiden und nur im Ort überwintert werden. Nicht unbedeutend und ebenfalls im Zunehmen begriffen ist die Schweinezucht; viele Landschweine, die bayrischen sind in neuerer Zeit nicht mehr gesucht, werden gemästet und theilweise auswärts verkauft. Von Geflügel werden Gänse und Hühner in großer Menge gezogen und zum Verkauf gebracht.

Von den Gewerben ist eine Zwirnerei zu nennen, die übrigen Professionisten dienen meist dem örtlichen Bedürfniß; nur die Weber, welche hier am stärksten vertreten sind, arbeiten häufig auch nach Außen auf Bestellung. Die Handspinnerei ist bedeutend; das Garn wird im Ort selbst zu Tuch gewoben, und mit diesem ein beträchtlicher Handel getrieben. Die Bäcker, die Sattler und Säckler, die Schreiner und die Sailer des Oberamtsbezirks haben hier ihren Ladensitz. Im Ort befinden sich 2 Handlungen und 8 Schildwirthschaften, von welchen die zum Hirsch, deren Besitzer die Posthalterei in seiner Person vereinigt, besonders von Stuttgartern häufig besucht wird, um hier das wahre Sauerkraut in Verbindung mit echtem Neckarwein zu genießen. Den Anlaß zum Bau dieses Hauses, welches auf der Stelle des früheren geringeren Wirthshauses zum Bären errichtet wurde, gab der Herzog Karl, welcher demselben auch die noch bestehende Berechtigung zum jährlichen unentgeldlichen Bezug von 4 Klaftern Holz und 100 Wellen aus den herrschaftlichen Waldungen verlieh.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_146.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)