Seite:OAStuttgartAmt 180.png

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Westwinde geschützt; laufende Brunnen fehlen, dagegen sind gegrabene, die gutes Trinkwasser führen, hinreichend vorhanden. Das Rathhaus mit seinem sechseckigen Thürmchen, in welchem eine Glocke mit der Jahrzahl 1425 hängt, ist seines sichtlichen Alters ungeachtet, noch in gutem Stande. An einem jetzt zugemauerten Thor stehen die Zahlen 1584 und 1750, erstere wird die Zeit der Erbauung und letztere die einer Renovation des Rathhauses angeben. Es war früher das Rathhaus des Leinfelder Ämtchens (s. u.), von welchem nur noch Unter-Aichen und Ober-Aichen im Verbande mit Leinfelden blieben, so daß ersteres 2/9tel, letzteres 1/9tel, Leinfelden selbst 6/9tel Antheil am Rathhaus hat. Seit 1843/44 ist unter diesem Rathhause ein Gemeindebackhaus errichtet worden. Am westlichen Ende des Orts erbaute im Jahr 1838 die Gemeinde mit einem Aufwand von 3590 fl. ein neues Schulhaus, welches zugleich die Wohnung des Schulmeisters enthält. Eine Industrieschule trat im Jahr 1842 in’s Leben. Seit 1839 hat Leinfelden an der Vicinalstraße nach Musberg einen mit Mauern umgebenen Friedhof angelegt. Die Einwohner, aus deren Mitte in den letzten Jahren viele Auswanderungen nach Amerika statt fanden, sind im Allgemeinen fleißig, gesittet, und ob es gleich wenige im wirklichen Wohlstande gibt, so sind doch auch wenige ganz Besitzlose vorhanden. Die Zahl der versicherten Passivkapitalien betrug im Jahr 1847 67.880 fl. und das Besitzthum der 4 reichsten Güterbesitzer besteht in 34, 26, 25 und 21 Morgen. Zu der s. g. Gemeinschaft halten etlich und 30 Gemeindeglieder.

Den Hauptnahrungszweig bildet der Feldbau, der bei der guten Beschaffenheit des Bodens und bei dessen umsichtiger Bearbeitung reichlichen Ertrag liefert. Es werden die gewöhnlichen Halmfrüchte und unter diesen vorzugsweise Dinkel und Haber gebaut. Ein Morgen trägt im Durchschnitt jährlich 8 Scheffel Dinkel, 7 Schffl. Haber, 4–41/2 Schffl. Gerste und 3–31/2 Schffl. Roggen. Dinkel und Haber wird nach Stuttgart verkauft. Von den Bracherzeugnissen sind Hanf und Flachs, die hier sehr viel gezogen werden und vorzüglich gedeihen, besonders zu erwähnen. Der Preis eines Morgen Ackers geht von 350–500 fl. Die Obstzucht ist zwar nicht ausgedehnt, aber gut und ergiebig; der Ertrag beträgt in guten Jahren im Durchschnitt 2–3000 Simri, meist Kernobst, welches theils im Ort gemostet und gedörrt, theils auswärts verkauft wird. Ein Morgen Baumgut kostet 6–800 fl. Die Wiesen sind 2mädig und liefern gutes nahrhaftes Futter. Ihre Preise bewegen sich von 400–600 fl. per Morgen. Die Rindviehzucht ist im Zunehmen; es wird eine gesunde, kräftige Landrace gehalten und ein Theil des gezüchteten Viehs auf den nächsten Märkten abgesetzt; die Farrenhaltung liegt der Gemeinde ob und ist von derselben in Pacht

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_180.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)