Seite:OAStuttgartAmt 198.png

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Witterung nachlassen. Dieser Mangel an Wasser wird aber durch mehrere Pumpbrunnen ersetzt. Ein vor 16 Jahren 30 Fuß tief gegrabener Brunnen hat einen Schwefelgeschmack. Die Luft ist gesund und nur höchst selten wird die Gegend von Hagelschlag heimgesucht. Die Hauptstraße von Stuttgart nach Urach führt 1/4 Stunde westlich, und die Straße von Stuttgart nach Nürtingen 1/2 Viertelstunde südlich vom Ort über die Markung.

Am südlichen Ende des Dorfs steht eine alte Kapelle, zu der, nach der Sage, früher eine starke Wallfahrt ging; sie wurde im Jahre 1790 von dem Heiligen zu Unter-Sielmingen an die Gemeinde Ober-Sielmingen für 50 fl. verkauft; gegenwärtig wird sie als Schafstall benützt; der Bau, welcher innen von seinem ehemaligen Schmuck gänzlich entblößt ist, und dessen Ostseite ein halbes Sechseck ohne Fenster bildet, stammt aus dem 15. Jahrhundert, was sich aus dem Füllungsschmuck des einzigen noch übrigen, ursprünglichen Fensters und der Thüre ergibt. Auf dem westlichen Giebel sitzt ein in seiner jetzigen Gestalt erst später angebrachtes Thürmchen, in welchem sich eine Glocke vom Jahr 1511 und eine Uhr befinden. Rath- und Schulhaus sind unter einem Dach, neu gebaut mit einem Aufwand von 6928 fl. 51 kr., wozu Unter-Sielmingen für die Ansprüche Ober-Sielmingens an die bis 1837 gemeinschaftliche dortige Schule 870 fl. und der Staat 400 fl. beitrug. An der Schule unterrichtet ein Schulmeister. Seit 1838 besteht den Winter über eine Industrieschule; sie wurde im Jahr 1848 von 75 Mädchen besucht und erhält Unterstützung von der Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins.

Über den Charakter und die Vermögensverhältnisse der Einwohner siehe Unter-Sielmingen; an versicherten Kapitalien schulden die Ober-Sielminger 60.000 fl.; der Grundbesitz der vier höchst Begüterten bewegt sich zwischen 23 und 31 Morgen. Die Güter der Markung liegen theils eben, theils an sanften Abhängen; der im Allgemeinen schwere Boden hat häufig thonigen Untergrund und ist in Folge dessen naßkalt. Die Bebauung erfordert daher viel Fleiß und Zusatz an Düngungsmitteln. Nach der Dreifelderwirthschaft werden Dinkel, Roggen, Haber, Gerste, an Bracherzeugnissen aber Spitzkraut, Kartoffeln, Runkelrüben, Futterkräuter und auch besonders Flachs und Hanf gebaut. Der Absatz der Produkte geschieht meistens zu Hause, weniger auf Märkten der benachbarten Städte. Der niederste Preis eines Morgen Feldes beträgt 200 fl., der mittlere 550 fl. und der höchste 800 fl. Die Obstzucht, welche sich auf Mostsorten beschränkt, wird gut betrieben. Die durchgängig zweimädigen Wiesen geben reichliches und gutes Futter; ihre Ausdehnung ist aber zu klein, um den ganzen Futterbedarf liefern zu können, welcher zum Theil noch in der Nachbarschaft aufgekauft wird. Die Preise eines Morgens

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_198.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)