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sich das Bild des Gekreuzigten in Holz geschnitten (etwa aus dem Ende des 15ten Jahrhunderts) und ein Familiengemälde, das zwischen 1611 und 1618 von dem damaligen Schultheiß Bläsius Hörmann und seiner Ehefrau gestiftet wurde. Der viereckige, 1817 neu aus Holz erbaute Thurm enthält zwei Glocken, eine von 1588, die andere von 1782. Der ummauerte, die Kirche umgebende Kirchhof dient, nachdem 1840 der Begräbnißplatz außerhalb des Orts verlegt wurde, nun als Gemeindebaumschule, deren Besorgung dem Schulmeister behufs der Unterweisung der Schulknaben in der Obstbaumzucht übertragen ist. Die Baulast der Kirche hat die Stiftungspflege und bei deren Unvermögenheit die Gemeinde zu tragen. Das gut erhaltene, bequeme Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, liegt zunächst der Kirche von allen Seiten frei mit reizender Aussicht an den östlichen Theil der Alp.

Die Schule (früher in den unteren Räumen des Rathhauses befindlich) wurde im Jahre 1842 mit einem Aufwand von 3218 fl. neu erbaut; sie enthält zugleich die Wohnung des Schulmeisters, neben dem noch ein Lehrgehülfe angestellt ist. Eine Industrieschule, unterstützt von der Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins, besteht seit 1832. Das alte, übrigens noch gut erhaltene Rathhaus wurde nach einer, über dem früheren Eingang eingeschnittenen Zahl zu schließen, 1598 erbaut. In der Rathsstube befinden sich 8 gute Glasgemälde mit den Jahreszahlen 1628, 1629, welche von Ruither Rathsverwandten und Bürgern dahin gestiftet wurden; erwähnenswerth ist eine Scheibe, auf der ein Mann in stattlichem Costüm, auf einem Schimmel reitend, abgebildet ist, mit der Aufschrift: „Hans Wackher wirdt und gastgeb allhie anno 1628.“ In der Nähe des Rathhauses steht das im Jahr 1840 erbaute Gemeindebackhaus mit einer gleichfalls dem allgemeinen Gebrauche dienenden Dörr- und Branntweinbrennereieinrichtung.

Die Einwohner sind wohlgebaut, kräftig und erfreuen sich einer dauerhaften Gesundheit. Sie schaffen sich durch Sparsamkeit und Fleiß ihr Fortkommen. Feldbau und Viehzucht bilden in Verbindung mit Taglohnarbeiten, hauptsächlich auf den Gütern der königl. Domäne Weil, ihre Hauptnahrungsquelle. Die Summe der auf dem Grundeigenthum versicherten Passivcapitalien der Ortsangehörigen belief sich vor den Theurungsjahren auf 196.500 fl., der Grundbesitz der vier bedeutendsten Güterbesitzer besteht in 44, 36, 28 und 22 Morgen. Die beinahe ganz ebene Feldmarkung hat durchaus einen tiefgründigen, sehr ergiebigen Diluviallehmboden, dem durch verständigen Anbau und durch die Anwendung des auf der Markung vorkommenden Mergels der möglichste Ertrag abgewonnen wird. Die Einwohner sind für landwirthschaftliche Verbesserungen sehr empfänglich und waren unter den ersten im Bezirke,

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_240.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)