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Von den Nebennutzungen sind am erheblichsten diejenigen von Laub, Moos, Heiden zur Einstreu, von Gras zu Streu und Futter. Die Laub-, auch Moosstreunutzung wird in den Waldungen mehrerer Gemeinden und der meisten Privaten in einer Ausdehnung betrieben, mit welcher die Erhaltung des Waldes in die Länge nicht vereinbar ist. Zurückführung auf ein weniger verderbliches Maß ist daher unerläßlich und um so mehr begründet, als die ausgedehnte Benützung der Laub- und Moosstreu – seltene Nothfälle abgerechnet – in der Gegend nicht auf einem wirklichen, sondern auf einem eingebildeten Bedürfniß beruht und auch der Verbesserung des Betriebs der Landwirthschaft hindernd im Wege steht. Einige einsichtsvollere Gemeinden haben mit der Beschränkung derselben einen glücklichen Anfang bereits gemacht, und einen mit Zunahme der Nadelwaldungen immer reichlicheren Ersatz verspricht die Nadelreißigstreu zu liefern, welche in den Staatswaldungen in neuerer Zeit besonders aufbereitet und zum Verkauf gebracht, an einigen Orten auch mit gutem Erfolg bereits verwendet wird. Die Laubstreu wurde bisher in Staats- und Gemeindewaldungen – in ersteren an die Einwohner der vormals Schönbuchberechtigten Gemeinden in Nothfällen vergünstigungsweise – unentgeltlich abgegeben, so daß die Empfänger die Einsammlung selbst besorgten. In neuester Zeit geschieht die Einsammlung zur Erzielung der nöthigen Schonung im Staatswald unter besonderer Aufsicht durch bezahlte Arbeiter gegen Vergütung der Gewinnungskosten durch die Empfänger.

Weniger nachtheilig wirkt die Waldgräserei, welche auf Waldwegen, in Kulturen, im Staatswald auch auf den für dieselbe vorbehaltenen Waldwiesen in ausgedehntem Maße betrieben wird und der Landwirthschaft namhaften Zuschuß an Futter und Streu liefert. Gewöhnlich wird das Gras an den Meistbietenden verkauft, wo aber der Holzbestand besondere Schonung verlangt, an Waldarbeiter u. s. w. nach Wagen und Trachten um feste Preise abgegeben. Bemerkenswerth ist die Gewinnung einer Art Waldsegge (Carex brizoides), welche in lichten Beständen mit feuchtem Lehmsandboden im Schönbuch stellenweise zahlreich vorkommt und unter dem Namen „Seegras“ von Fabrikanten in Nürtingen, Rottenburg etc. zu Fußböden, Polstern, Matrazen verarbeitet wird. Die Staatswaldungen, besonders des Reviers Einsiedel, liefern gegenwärtig jährlich etwa 1400 Centner Trockengewicht dieses Grases mit einem Erlös von ungefähr 500 fl., welcher aber in Folge der Erziehung mehr geschlossener Bestände seinem baldigen Ende entgegengeht.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_153.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)