Seite:OATuebingen 245.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Familien ihr Salve singen. Diese Sitte, ähnlich der Currende in Sachsen, rührt von der im Jahr 1474 gegründeten „Salvebrüderschaft“ zu der Pfarrkirche zu Tübingen her; sie wurde gestiftet von Pfaff Conrad Breuning von Offterdingen, Pfarrer zu Tübingen, Gott zu Lob, auch zu Ehren der seiner heiligen Mutter, der Himmelskönigin und Jungfrowen St. Maria und dem himmlischen Heere und zum Heyl der Leute. Für die Feierlichkeiten derselben, die in Jahrestagen, Messen und Processionen in Begleitung von Kaplanen und Schulmeistern, mit Gesang von Kantorschülern, bei brennenden Kerzen und unter Glockengeläute bestanden, stiftete der genannte Breuning die nöthigen Geldsummen, daß unter Anderem der Kantor 1 Pfd. und die armen Schüler, so das Salve helfen singen, zusammen 3 Pfd. und jeder eines Pfennings werth Brod bekommen sollten. Die alljährlichen Maientage sind seit 2 Jahren eingestellt worden.

Die Haupterwerbsquellen bestehen in Gewerben, Feldbau, Weinbau, Viehzucht und Taglohnarbeiten; eigentliche Bauern gibt es nicht, dagegen beschäftigen sich die meisten Gewerbetreibenden nebenbei mit Landwirthschaft, namentlich haben die Wirthe meist auch einen größeren Güterbesitz. Beinahe die Hälfte der Bürger sind Weingärtner, die nebenbei einigen Ackerbau treiben. Die Vermögensumstände gehören mit Ausnahme einzelner Wohlhabenden und Reichen zu den mittelmäßigen und der bedeutendste Güterbesitz, neben dem übrigens noch Gewerbe getrieben wird, beträgt gegenwärtig etwa 30 Morgen, der mittlere 15–20 Morgen und der geringste 1–3 Morgen; nur wenige haben gar keinen Grundbesitz.

Was die Gewerbe betrifft, so gehört Tübingen, so viele Gewerbetreibende es auch aufzuzählen hat, keineswegs zu den gewerbsamen Städten des Landes, indem der Betrieb der meisten Gewerbe nur auf das Bedürfniß der Einwohner, nicht aber auf den Absatz nach Außen berechnet ist.

Der neueste Stand der Gewerbetreibenden ist folgender:

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_245.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)