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Ein hiesiger Schultheiß, Wenigo, kommt 1247 erstmals urkundlich vor (Schmid Urk. 16), sodann: 1272 Jägilin, 1292 Cunrad genannt Haiden, 1292 Dietrich genannt Eßlinger der Lange, 1295 Albert Hailant, 1296–1306 Ludwig von Lustnau, Ritter (Schmid Urk. 46, 63, 65, 101, 102), 1310 Otto von Wurmlingen (Mone Zeitschr. 16, 382). Ein solcher stund an der Spitze der gesamten Bürgerschaft; ihn ernannten anfangs die Pfalzgrafen, denen er jährlich 12 Pf. Heller zu zahlen hatte; als aber 1335 die Stadt den Pfalzgrafen Götz und Wilhelm ein Anlehen von 3000 Pf. verwilligte und diese ihr dafür ihre Einkünfte in T. auf 9 Jahre verpfändeten, wurde „geordnet und gedingt“, daß die Bürger während dieser Zeit den Schultheißen, sowie den Obervogt (s. u.), selbst wählen und daß die Pfalzgrafen ihm das Amt leihen sollen „ohne alle Gefährde“. Noch ehe aber die 9 Jahre verflossen waren, kam 1342 T. an Württemberg.

Dem Schultheißen zur Seite stunden die Rathsherren und Räthe als städtische Oberbehörde mit dem Stadtschreiber als Aktuar. Sie besorgten die städtischen Angelegenheiten und die Civilgerichtsbarkeit, die peinliche Jurisdiktion aber nur, wenn der Landesherr sie nicht selbst ausübte. Ihnen untergeordnet, meistens aber aus ihrer Mitte gewählt, waren Keller- oder Kastenpfleger, Spitalpfleger oder sonstige Verwalter des städtischen Eigenthums, während Kirchen- und Klostergüter in der Stadt ihren eigenen Pfleger hatten. Später hörte die Stadtschultheißenwürde auf und ging auf den ersten Bürgermeister über, der zweite und dritte Bürgermeister (erst nach dem dreißigjährigen Kriege kam noch ein vierter dazu) waren Stadtrechner und Siegler. Durch das Verwaltungsedikt von 1817 erhielt T. einen Oberbürgermeister, später Stadtschultheiß genannt; an die Stelle der bisherigen rechnenden Bürgermeister und des Stadtschreibers trat der Stadtpfleger und Rathsschreiber, und dem Stadtrath wurde ein kontrolirender Bürgerausschuß zur Seite gestellt.

Als herrschaftlicher Beamter war schon zur pfalzgräflichen Zeit ein Vogt angestellt, den die Pfalzgrafen gewöhnlich aus der Zahl ihrer Lehens- und Dienstleute wählten. Mit der Erwerbung der Stadt 1342 kam die Ernennung des Vogts an Württemberg, welcher allhier, wie in andern ansehnlichen Städten des Landes, aus dem Adel genommen und gegen Ende des 15. Jahrhunderts zum Obervogt erhoben wurde. Die ältesten bekannten Vögte sind: Friedrich Herter von Dußlingen 1344, Anselm von Hailfingen 1378, Werner von Rosenfeld 1389–97, Berthold von Sachsenheim 1418.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_269.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)