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30jährigen Krieges mußte die Anstalt theils wegen Mangels an Zöglingen, theils wegen fehlender Geldmittel geschlossen werden, und später nahmen nur hin und wieder einige Fürstensöhne, die nach Tübingen kamen, um hier ihre Studien zu machen, ihre Wohnung im Collegium illustre.

Der dreißigjährige Krieg brachte der Universität manche Bedrängniß; von 1631 an hatte sie beständig durch Einquartirung, Kontributionen und Occupation zu leiden, und da die theologischen Professoren durch fanatische Predigten und Disputationen die Katholiken vielfach provocirten, so waren die kaiserlichen und ligistischen Truppen um so weniger geneigt, die Universität mit Schonung zu behandeln. Eine Zeitlang war sogar der protestantische Bestand der Universität bedroht. Im Jahr 1636 rückten mit dem kaiserlichen Heere auch katholische Geistliche ein, nahmen von der Georgenkirche, der Probst- und Kanzlerstelle Besitz, und gaben sich alle Mühe, die Universität wieder für den alten Glauben zu erobern, wogegen aber die Theologen energischen Widerstand und verdoppelten Glaubenseifer aufboten. Bis 1649 blieb die Kirche in den Händen der Jesuiten. Da die Feinde auch die Güter und Zehenten der Universität in Beschlag genommen hatten, und in Folge davon die Besoldungen nicht ausbezahlt werden konnten, auch durch Abnahme der Frequenz ein bedeutender Ausfall an Kollegiengeldern entstand, so geriethen die durch Einquartirung und Kontributionen beraubten Professoren in bittere Noth; dazu kamen auch noch ansteckende Krankheiten, und es wurden während der Jahre 1634–38 14 Professoren weggerafft. Andere zogen weg, und wieder Andere waren während der allgemeinen Auflösung auch sittlich heruntergekommen. Nach dem Frieden wurden große Anstrengungen zur Wiederherstellung gemacht; namentlich der herzogliche Rath Nic. Myler von Ehrenbach nahm sich der Universität eifrig an, um die ihr geschlagenen Wunden zu heilen, die Einkünfte wieder flüssig zu machen, die erledigten Lehrstellen wieder durch tüchtige Leute zu besetzen, und es gelang ihm auch, für die theologische und juristische Fakultät Männer zu gewinnen, die der Universität neuen Glanz verliehen. Die Theologen hatten es, wie wir schon gesehen, während des Kriegs wenigstens nicht an Eifer für Erhaltung der Orthodoxie fehlen lassen. Da war ein Lucas Osiander, von 1619–1638, ein unduldsamer Polemiker, der sich mit wahrem Genuß in jeden theologischen Streit, der aufkam, stürzte, der den pfälzischen Hofprediger Scultetus wegen leiser Hinneigung zu den niederländischen Reformirten des Atheismus anklagte, und zur

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_285.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)