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Göritz, wovon die zwei ersteren jetzt noch in anerkannter Wirksamkeit stehen. In Folge dieser Ergänzungen gestaltete sich die Fakultät zu einem Ganzen, dessen einzelne Glieder sowohl in akademischer als in literarischer Thätigkeit zusammenwirkten. Eine Frucht dieses Einverständnisses war die Gründung einer staatswissenschaftlichen Zeitschrift, die 1844 begonnen, noch jetzt besteht und eines der angesehensten Organe der darin vertretenen Fächer ist. Leider nahm bald nachher die Wirksamkeit Mohls für Tübingen ein Ende, da er in Folge der Veröffentlichung eines Briefes, den er zum Behuf seiner Bewerbung um eine Abgeordnetenstelle geschrieben hatte, als Regierungsrath nach Ulm versetzt wurde und hierauf seine Entlassung nahm. Seine Stelle blieb zunächst unbesetzt; die Versuche, welche im Sommer 1848 zu seiner Rückberufung gemacht wurden, scheiterten an seiner Ernennung zum Reichsminister. Einen Theil der von ihm vertretenen Fächer, Polizei, Politik und Encyclopädie übernahm der 1849 von Freiburg berufene Professor Joh. Helferich, dessen Vorlesungen sehr geschätzt waren, der aber 1860 einem Ruf nach Göttingen folgte.

Die medicinische Fakultät erlebte in den letzten Jahrzehnten durchgreifende Veränderungen, vielfachen Wechsel der Lehrer, und durch Ausscheidung einer besonderen naturwissenschaftlichen Fakultät eine Verminderung ihrer Mitglieder. Nach Autenrieths im Jahr 1835 erfolgtem Tode war Ferdinand Gmelin, der 1805 als außerordentlicher Professor der Naturgeschichte angestellt worden war, der Hauptvertreter der praktischen Medicin, die er, sachlich der Schule Autenrieths folgend, doch mehr mit philosophischem und formgeübtem Geiste lehrte. Noch bei Autenrieths Lebzeiten hatte er die Leitung der Klinik übernommen, die er 1840 an G. Heermann übergab, einen jungen talentvollen Arzt, der von Heidelberg berufen wurde, um die Klinik in ausgedehnterer Weise zu betreiben. Mit ihm, der sich von manchen Voraussetzungen der medicinischen Dogmatik losgesagt hatte und für die Diagnostik neue Hilfsmittel in Anwendung brachte, begann für Tübingen eine neue Richtung des medicinischen Studiums. Schon vorher hatte ein begabter Privatdocent, A. F. Schill (1835–39), die neuen Entdeckungen der französischen und englischen Ärzte zu verbreiten gesucht und vielfach anregend gewirkt, war aber durch einen frühen Tod aus seiner Laufbahn gerissen worden. Auch Heermanns Thätigkeit wurde durch Krankheit bald unterbrochen, er suchte wegen eines Lungenleidens Heilung in Italien und starb daselbst 1844. Sein Assistent, C. A. Wunderlich, der in Heermanns Abwesenheit als provisorischer Vorstand die Klinik geleitet hatte, setzte die begonnene Reform

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_301.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)