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Graf Egon von Fürstenberg am 30. Juni (10. Juli) 1631 gegen Tübingen, wo er vor dem Burgholz in Schlachtordnung anrückte. Der Herzog Administrator Julius Friedrich von Württemberg hatte seine Mannschaft hälftig auf dem Wörth, hälftig bei Lustnau aufgestellt. Zu einem Gefechte kam es nicht, da schon am 1. (11.) Juli im kaiserlichen Lager ein Vertrag geschlossen wurde, durch welchen Württemberg dem Leipziger Bunde entsagen, seine Mannschaft entlassen und die Kaiserlichen verpflegen mußte. Nach der schlimmen Wendung, welche der protestantischen Sache die verlorene Nördlinger Schlacht brachte, vermochte der Tübinger Schloßhauptmann Hans Georg von Tübingen (natürlicher Sohn des letzten Grafen von Tübingen) nichts anderes, als am 14. (24.) Sept. 1634 das Schloß, welches freilich nur von 70 Bürgern aus der Stadt besetzt war, den Truppen des Herzogs von Lothringen widerstandlos zu übergeben auf Artikel hin, welche gegnerischer Seits schlecht gehalten wurden, wie denn ihnen zum Trotz die herzogliche Schloßbibliothek (von Herzog Christoph angelegt und Herzog Ludwig bereichert) mit ihren werthvollen griechischen Handschriften nach München abgeführt wurde. Nach manchen Wechselfällen des Kriegs, in welchen das Schloß im Frühjahr 1638 vorübergehend wieder von Schweden besetzt war, wurde dasselbe am 13. (23.) Februar 1647 (im Jahre vor dem Abschluß des westphälischen Friedens), damals in bayerischen Händen, von einer Heeresabtheilung des französischen Marschalls Turenne unter dem Generallieutenant Hoquincourt an der Ammer- und Neckarthalseite angegriffen, nachdem die Stadt selbst bereits am 10. (20.) d. M. sogleich dem Feinde die Thore geöffnet hatte. Die Belagerer sprengten das südöstliche Rundel am 4. (14.) März in die Luft; der von ihnen darauf unternommene Sturm wurde zwar abgeschlagen, gleichwohl ergab sich die Besatzung am 7. (17. März) gegen freien Abzug. Hienach hatte Turenne längere Zeit im Schlosse sein Hauptquartier.

Bei dem Einfall der Franzosen im Jahr 1688 ergab sich Tübingen dem Brigadegeneral Peysonel am 5. (15.) Dez. ohne Widerstand; die Stadt mußte ihm 20.000 fl., die Universität 4000 fl. zahlen und der weitere Aufwand, welchen sein Aufenthalt bis zu seinem Abmarsch am 16. (26.) Dez. machte, betrug noch ungefähr 100.000 fl. Seine Absicht, das Schloß und die Stadtmauern in die Luft zu sprengen, ließ sich glücklicher Weise so weit vereiteln, daß die Beschädigung nicht sehr erheblich wurde. Viel nützte damals die große Unterhandlungskunst des Professors Osiander, welcher auch 1693 um die Begütigung des französischen Feldherrn Graf von Balivière,

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_315.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)