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Die Vicinalstraße von Kirchentellinsfurth nach Oferdingen geht durch den Ort; überdieß eine von hier nach Sickenhausen. Über den Wieslesbach führen 3 steinerne Brücken, welche die Gemeinde zu unterhalten hat.

Die Einwohner sind von kräftigem Körperbau, geordnet, sehr fleißig und sparsam und haben viel religiösen Sinn. Von Volksbelustigungen hat sich nur der Tanz bei den Hochzeiten erhalten; Zechhochzeiten sind auch noch gebräuchlich. Die Volkstracht ist beinahe abgegangen. Die Haupterwerbsquellen sind Feldbau und Viehzucht; zwei Stubensandsteinbrüche liefern vortreffliche Bau- und Werksteine, die weit hin in der Umgegend und bis nach Ulm zum Münsterbau gesucht sind. Kies (Gerölle) wird im Neckarthal gewonnen. Die Gewerbe werden nur für die örtlichen Bedürfnisse getrieben; 2 Schildwirthschaften und 2 Kramläden bestehen.

Die Vermögensverhältnisse sind im allgemeinen mittelmäßig; der begütertste Bürger besitzt 28 Morgen, der sog. Mittelmann 14 Morgen, die wenig bemittelte Klasse 1/2 Morgen; einzelne haben gar kein Grundeigenthum. Gemeindeunterstützung erhalten gegenwärtig 2 Personen.

Die kleine Markung bildet mit Ausnahme des jähen rechten Neckarthalgehänges, das meist mit Buschwerk bewachsen ist, ein ziemlich ebenes, obst- und getreidereiches Land, dessen Boden auf der Anhöhe aus einem ziemlich tiefgründigen, fruchtbaren Lehm, der vom weißen Stubensandstein unterlagert wird, besteht; an den Gehängen treten die Zersetzungen des Stubensandsteins und des Keupermergels auf und im Neckarthal haben sich mit Kies und Sand gemengte Alluvionen abgelagert, die den Wiesenbau begünstigen und nur in der Nähe der Altlachen saures Futter erzeugen.

Die Gegend wird nicht selten von Frühlingsfrösten und Reifen, welche der Obstblüthe schaden, heimgesucht: dagegen gehört Hagelschlag zu den Seltenheiten.

Die Landwirthschaft wird unter Anwendung von verbesserten Ackergeräthen und künstlichen Düngungsmitteln gut und fleißig betrieben; von den Getreidearten baut man vorzugsweise Dinkel und Gerste, weniger Haber, und etwas Roggen. Außer den gewöhnlichen Brachgewächsen kommt viel Hanf, der theilweise nach außen abgesetzt wird, ziemlich viel Flachs und Reps zum Anbau; von letzterem werden etwa 15 Scheffel jährlich erzeugt. Von den Getreideerzeugnissen können 150 Scheff. Dinkel und 80 Scheff. Gerste jährlich auswärts verkauft werden.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 323. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_323.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)