Seite:OATuebingen 333.png

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genannt, vermuthlich die alte Krypta, an; sie liegt einige Stufen tiefer als die Kirche, auf gleicher Höhe mit dem Kreuzgang und ist von zwei gothischen Rippenkreuzgewölben bedeckt, zwischen denen noch ein Streifen des alten romanischen Tonnengewölbes sich erhielt. An der Südwand ist ein bemalter Engel, der zwei Wappenschilde hält, eingemauert; an der Ostwand steht noch der alte steinerne Altartisch des dem heil. Benedikt geweihten Altares; ein weiter jetzt vermauerter Rundbogen geht gegen die jetzige Sakristei hin; unter der Tünche sind noch Spuren von sehr alten Malereien. Ob hier die Kapelle zu suchen, in welcher Abt Konrad von Lustnau im Jahre 1353 bestattet wurde, muß dahin gestellt bleiben, da kein Denkstein vorhanden ist.

An die ganze ursprüngliche Länge des westlichen Kreuzarmes der Kirche ist gegen Süden der große Kreuzgang angebaut, um den sich die verschiedenen anderen Klosterräume reihen; er mißt 136′ auf 123′. Gehen wir von seiner nordöstlichen Ecke, wo er an das südliche Querschiff stößt, gegen Süden hin, umher, so finden wir die verschiedenen Räume in der Folge, die zugleich der Zeitfolge vollkommen entspricht. Zuerst kommt der noch von dem Stifter selbst in spätromanischem Geschmack erbaute Kapitelsaal (im Volk die Geißelkammer genannt), beinahe ein Quadrat, 39′ lang, 37′ breit; seine neun kräftigen Rippenkreuzgewölbe, von einander geschieden durch schwere rundbogige Quergurten, werden von 4 starken, derb und eigenthümlich kapitellirten Rundsäulen getragen. An seiner nordöstlichen Ecke baut sich gegen Osten eine kleine tonnengewölbte Kapelle an, deren Ostwand von schön profilirtem spätromanischem Rundfenster durchbrochen wird. Hier befand sich ehedem ein Altar Johannes d. T. Die Decke des Kapitelsaales ist noch gothisch bemalt mit verschiedenen natürlichen Pflanzen, und zwar aus dem Jahre 1528, diese Jahreszahl steht an dem mittleren der drei östlichen Gewölbefelder zwischen den Wappen von Bebenhausen und Fridingen. Der ganze Raum wird im Osten durch schlichte Rundbogendoppelfenster, gegen den Kreuzgang hin durch später gothisch veränderte, dämmernd erhellt. Eine Reihe von Grabplatten bedeckt den Boden des Kapitelssaales, des ehrenvollsten Bestattungsortes im Kloster. Gerade vor der Johanneskapelle sind drei Gräber, das nördliche dasjenige des Stifters, des Pfalzgrafen Rudolph I., das südliche dasjenige seiner Gemahlin, der Pfalzgräfin Mechtildis, das mittlere dasjenige ihrer Kinder. (Tubingius bei Sattler Grafen IV. 386). Eine Anzahl weiterer Grabplatten, von welchen eine das Tübinger Wappen alter Form trägt, die anderen

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 333. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_333.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)