Seite:OATuebingen 334.png

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unbezeichnet sind, bedeckt ohne Zweifel Sammel-Gräber von Gliedern der pfalzgräflichen Familie (Crusius ad annum 1219). Bei diesen fand auch als besonderer Wohlthäter des Klosters Wernher von Bernhausen und seine Gattin Bertha von Justingen eine Stelle. Von Gräbern der Äbte sind folgende mit Inschriften bezeichnet: Berthold † 1223, Friedrich † 1305, Petrus von Gomeringen † 1412, Heinrich von Hailfingen † 1432, Johannes von Deckenpfrund † 1460, Wernher von Tübingen † 1473 und Bernhard von Magstatt † 1473. Zwei weitere Grabplatten haben einfache Kreuze.

Südlich vom Kapitelsaale liegt, gleichfalls am Kreuzgang, eine ganz ähnliche Halle, mit einem besonderen Ausgang auf den alten Thorweg, also vielleicht das ursprüngliche Parlatorium; auf den Thorweg folgt ein dritter ähnlicher, dießmal rechteckiger und sechssäuliger Raum, der weit über die Südostecke des Kreuzganges hinausragt. Beide Räume, der erstere 38′ lang, 371/2′ breit, der andere 55′ lang, 371/2′ breit, haben etwas weniger gedrückte Verhältnisse, als der Kapitelsaal; ihre Quergurten sind schon spitzbogig: die Ausführung ihrer Einzelformen ist bedeutend roher. Auch die Umfassungsmauer dieser drei Hallen ist noch die alte romanische. Außen an der Ostseite des Kapitelsaals umrahmen in einen Rundbogenfries ausgehende Lisenen die tiefeingeschrägten Rundbogenfenster und ein romanischer Strebepfeiler fängt hier den Schub des Gewölbes auf; nahe dem kräftigen Sockel stehen zwischen der Johanneskapelle und der Kirche einige sehr alte Inschriften; auch romanische Steinmetzzeichen sind hier häufig.

Der in das Kloster führende lange tonnengewölbte Thorweg, dessen eine Fortsetzung in der Richtung der nördlich vom Kloster liegenden Nebengebäude den schon genannten spätgothischen Verbindungsgang bildet, ist gegen Außen nur durch den kräftigen Wulst des Sockels, der sich um seinen Rundbogen herzieht, ausgezeichnet. In der Mitte der auch noch ganz romanischen Südmauer des Klosters baut sich das große Sommerrefektorium an, das im Jahre 1335 Abt Konrad von Lustnau errichten ließ, als eine der schönsten und heitersten Hallen gothischer Baukunst. Der rechteckige, 84′ lange und halb so breite Saal hat in seiner Mittelaxe nur drei außerordentlich schlanke, 14″ im Durchmesser haltende Achteckspfeiler, von denen, wie von drei Palmbäumen, die feinen Rippen der reichen Sterngewölbe sich aus einander schwingen. Der fröhliche festliche Eindruck der Halle wird noch erhöht durch die zarten schwungvollen

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 334. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_334.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)