Seite:OATuebingen 367.png

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Dußlingen,

Gemeinde II. Klasse, Pfarrdorf mit Marktrecht mit 2076 Einwohnern, worunter 35 Kath. und 14 eigener Konfession. – Evang. Pfarrei; die Kath. sind nach Tübingen eingepfarrt. Der Ort ist der Sitz einer Postexpedition. 2 Stunden südlich von Tübingen gelegen.

In der Thalebene und an dem sanft geneigten östlichen Abhange des anmuthigen Steinlachthales liegt lang gedehnt der schöne sehr große Ort, umgeben von Obstbaumwiesen und fruchtbaren Feldungen. Die meist sehr stattlichen, oft schön geschnitztes Balkenwerk zeigenden Häuser liegen ziemlich zerstreut, von Hofräumen, Blumengärtchen und Obstbaumgruppen angenehm unterbrochen, an den meist gekrümmten, reinlichen und zum Theil gekandelten Straßen. Das klare muntere Steinlachflüßchen fließt mitten durch’s Dorf und empfängt hier von beiden Seiten verschiedene Zuflüsse. Schöne Aussichten auf die nahe Alb, von der Teck bis zum Plettenberg, gewähren der Kirchberg, auf dem die Kirche steht, und der dahinter liegende Ottilienberg, während man vom sog. Eichwald aus einen weiten Blick in das Neckarthal und an den Schwarzwald genießt. Die ansehnliche, dem h. Petrus geweihte Kirche, im großen ummauerten Friedhofe stehend, hat eine herrliche hohe Lage auf einem Hügel nordwestlich am Dorfe und überragt dasselbe. Sie ist ganz in spätgothischem Stil erbaut und gibt mit den sie umschattenden hohen Obstbäumen, schon von ferne gesehen, ein äußerst liebliches Bild. Der hohe, mit einem Satteldach bedeckte Thurm steht im Westen, hat 4 Geschosse, von denen das erste mit kräftigem spitzbogigem Portale, das dritte mit schöngefüllten Spitzbogenfenstern belebt ist. An das Schiff baut sich ein schmälerer hoher, halbachteckig geschlossener Chor mit schlichten Strebepfeilern an, und beide werden von spätgothischen Maßwerksfenstern erhellt. Durch die Südwand des Schiffes führt ein spitzbogiger Eingang, in dessen Hohlkehle links ein Engel mit Schildchen sitzt. Im freundlichen und geräumigen Innern hat das Schiff eine flache Decke, der Chor ein schönes Netzgewölbe, das in neuer Zeit blau mit goldenen Sternen bemalt wurde. Auf den Schlußsteinen, die sehr alt zu sein scheinen, sind dargestellt Magdalena, zwei affenartige Gestalten im Kampf mit einander, Christus mit Lamm und Fahne, die h. Barbara, Petrus, Maria mit dem Kinde und rechts und links von ihr sind kleinere Schlußsteine angebracht, ausgebildet zu Engelchen, die Schildchen mit dem Steinmetzzeichen des Baumeisters halten. Über dem mittleren Chorfenster sind das herzoglich Württembergische und das Tübinger Wappen, und als Gurtträger an der Nordwand die Brustbilder

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 367. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_367.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)