Seite:OATuebingen 400.png

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des Thurmes noch aus romanischer Zeit stammt. Außerdem befinden sich noch verschiedene Grabmäler an den Wänden der Kirche umher, wovon die wichtigsten das an der Westwand in der südwestlichen Ecke stehende Grabmal des Stifters der Gruft, des Rudolf von Ehingen, auch eines Sohnes des Georg, geb. 1463, gest. den 15. Mai 1538, dessen Platte das groß ausgehauene Wappen des Geschlechtes, den aufwärts gebrochenen Balken, zeigt; sodann das in die Ostwand des nördlichen Kreuzarmes eingefügte marmorne Grabmal aus späterer Zeit, gewidmet einem Georg von Ehingen und seiner Gemalin Magdalena, Freiin von Preising, leider stark beschädigt und von der Emporkirche in der Mitte durchschnitten; dann eines der Maria Salome von Closen aus dem Jahr 1621.

Am Ende des vorigen Jahrhunderts wurde die alte Gruft in die Ruhestätte der jetzigen Besitzer des Schlosses umgeschaffen.

Auch der Chor, durch den spitzen Triumphbogen von der übrigen Kirche getrennt, hat einen Emporeneinbau, darauf steht die im Zopfgeschmack gefaßte große Orgel; die hölzerne Kanzel ruht auf einem starken steinernen Stamm im Renaissancestil. An der nördlichen Wand des Chores stehen auf einer Predella drei treffliche Holzfiguren: Maria zwischen Florian und Martin, zwei schöne Jünglingsgestalten, Martin zu Fuß mit dem Bettler neben sich; die Figuren sind noch ganz bemalt und vergoldet und der Rest eines alten Flügelaltares; auf der Predella steht in prachtvoller goldener Minuskelschrift: In. dem. iar. als. man. zalt. von. der. geburt. cristi. MCCCCLXXVIII iar, und mitten zwischen die Worte ist ein Ecce homo gemalt. Über dem Rundbogen, der in die Thurmkapelle führt, hängt ein großes, frühgothisches, sehr schönes Krucifix, großartig aufgefaßt, von schlanker und reiner Körperbildung und ergreifendem Gesichtsausdruck; die Beine sind noch ungekreuzt. Die Sakristei, in den nordöstlichen Winkel des Kreuzes hineingebaut, ist auch alt und hat ein Tonnengewölbe. Unter dem Boden der Kirche liegt die Gruft, ein mit eisernem Ringe versehener Stein neben dem Taufsteine bezeichnet ihren Eingang. – Beide Glocken stammen aus gothischer Zeit; auf der größeren steht: i. n. r. i. ave. maria. gracia. plena. dominus. tecum. o. jesu. veni. nobis. cum. pace. amen; auf der kleineren, noch älteren, stehen die Namen der vier Evangelisten, beide Inschriften sind in gothischen Minuskeln. Die Baulast der Kirche ruht auf der Stiftungspflege, die jedoch von der Gemeindepflege kräftig unterstützt werden muß.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 400. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_400.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)