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kräftiger Menschenschlag, der nicht selten ein hohes Alter erreicht, sind fleißig, sparsam, geordnet und haben, was sehr zu loben ist, ihre kleidsame Volkstracht beibehalten. Haupterwerbsquellen sind Feldbau, Obstzucht und Viehzucht; dann bieten die auf der Markung befindlichen Keupersandsteinbrüche Gelegenheit zu Arbeit und Verdienst.

Geboren ist allhier am 29. Merz 1577 Joh. Ulrich Pregizer (Sohn des obigen Pfarrers) zu Tübingen, in der Theologie ausgebildet, 1611 Dekan in Calw, 1617 Professor der Theologie in Tübingen, 1652 Kanzler allda, gestorben 10. April 1656. Ein ausgezeichneter Theologe, vorzüglicher Lehrer und Prediger, voll Menschenliebe, Mäßigung und Sanftmuth.

Von den Gewerben ist die Weberei am stärksten vertreten und setzt ihre Fabrikate nach außen ab; 2 Schildwirthschaften und 2 Kramläden bestehen; auch finden jährlich 2 stark besuchte Viehmärkte statt.

Die Vermögensverhältnisse gehören zu den mittleren. Der begütertste Bürger besitzt 80 Morgen Feld und etwas Wald, der Mittelmann 6 Morgen Feld, der ärmste wenigstens 3/4 Morgen Gemeindetheile. Etwa 20 Morgen Güter, die hiesigen Bürgern gehören, liegen auf angrenzenden Markungen.

Die mittelgroße, wohl arrondirte Markung bildet mit Ausnahme der Gehänge gegen die Thäler des Neckars, der Echaz und des Ramsbachs, eine flachwellige Hochebene, deren Boden aus einem tiefgründigen, fruchtbaren Lehm besteht. Auch die klimatischen Verhältnisse sind günstig und gestatten nicht nur den Anbau der gewöhnlichen Feldfrüchte, sondern auch feinerer Gewächse wie Gurken, Bohnen etc. Im Frühjahr sind Frühlingsfröste und kalte Nebel ziemlich häufig; Hagelschlag kommt selten vor.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung verbesserter Ackergeräthe (Suppinger Pflug, eiserne Egge, Walze, Repssämaschine) gut und fleißig betrieben. Von den Cerealien kommen vorzugsweise Dinkel und Gerste zum Anbau. Von den Brachgewächsen werden hauptsächlich Futterkräuter, namentlich dreiblättriger Klee, Kartoffeln, Flachs, Hanf und in großer Ausdehnung Reps gebaut. Eine 2 Morgen große Hopfenanlage ist vorhanden. Dinkel und Gerste wird in namhafter Menge auf der Schranne in Reutlingen abgesetzt. Die durchaus zweimähdigen Wiesen, von denen etwa 40 Morgen bewässert werden können, liefern ein sehr gutes Futter, das übrigens, ungeachtet man noch vielen Wiesengrund vom Staat gepachtet hat, für den ausgedehnten Rindviehstand nicht zureicht, so daß noch Futter zugekauft werden muß.

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 422. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_422.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)