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oben genannte Bäche und überdieß strömt der Neckar nur etwa 200 Schritte von der Markungsgrenze entfernt vorüber.

Vicinalstraßen gehen von hier nach Lustnau, Kirchentellinsfurth, Dettenhausen und Einsiedel. Die Entfernung der nächsten Eisenbahnstation Kirchentellinsfurth beträgt 3/4 Stunden. Über den Haldebach führen zwei einfache steinerne Brücken für Fuhrwerke und ein kleines hölzernes Brückchen; über den Tiefenbach geht eine steinerne Brücke, ein steinernes Brückchen und ein hölzerner Steg; beide letztere hat der Staat zu unterhalten.

Die Einwohner, von mittlerer Größe, gesund und rüstig, sind lebhaft, aufgeweckt, keck und betriebsam, mitunter etwas verschmitzt, und haben viel Fleiß und Ordnungsliebe.

Neben den Haupterwerbsquellen, Feldbau und Viehzucht, geben die sehr bedeutenden, an der südwestlichen Markungsgrenze, nahe der Lustnauer Steige liegenden Steinbrüche, viele Gelegenheit zu Arbeit und Verdienst. Dann suchen viele Einwohner ihr Auskommen durch Taglohnarbeiten im Ort und in der Umgegend, und sämtliche Erzeugnisse der Landwirthschaft finden guten und häufigen Absatz in Tübingen.

Von den Gewerbetreibenden arbeiten Weber, Küfer, Schreiner und Schuster auch nach außen; die Linnenspinnerei ist bedeutend und arbeitet sowohl für den eigenen Bedarf als auch auf Bestellung und zum Verkauf; ferner werden jährlich tausende von Kinderhäubchen hier gestrickt und nach Reutlingen abgesetzt; zwei Schildwirthschaften und drei Kramläden bestehen.

Die Vermögensverhältnisse gehören zu den mittleren; der begütertste Bürger besitzt 33 Morgen Feld und 1/2 Morgen Wald, der Mittelmann 6 Morgen Feld, die ärmere Klasse höchstens 1/4 Morgen. Hiesige Bürger haben auf fremder (Lustnauer) Markung etwa 20 Morgen Wiesen, dagegen die Lustnauer auf hiesiger Markung etwa 15 Morgen.

Die ziemlich große Markung, von der übrigens mehr als die Hälfte für den Waldbau benützt wird, hat einen mittelfruchtbaren, ziemlich leichten, naßkalten Boden, der theils aus Lehm, theils aus sandigem oder auch reinem Thon besteht (Zersetzungen des oberen Keupermergels und theilweise des Liaskalks und Bonebedsandsteins); er ist größtentheils von mittlerer Mächtigkeit, an einzelnen Stellen seicht, indem man bald auf Letten oder Gestein stößt. In trockenen Jahren ist der Boden im allgemeinen ergiebiger als in nassen.

Das Klima kann eher rauh als mild genannt werden; wegen der hohen Lage ist die Gegend den Winden sehr ausgesetzt, dagegen

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 449. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_449.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)