Seite:OberamtCalw 162.jpg

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entrichteten der Regierung statt des „Pfundzolls“ je von einem Hause 1–3 Viertel Zollkorn, eine Abgabe, die alljährlich an den Meistbietenden verliehen wurde, und ungefähr 70 Pfd. Heller eintrug. Die Frohnwage gehörte der Herrschaft, die Stadt aber mußte das Gebäude derselben unterhalten, und auf ihr mußte alles, was ein Gewicht von 25 Pfd. überstieg, gewogen werden, wofür vom Centner 4 Heller Waggeld bezahlt wurde.

Neben der Gerberei wurde schon sehr frühe die Tuch- und Zeugweberei und Färberei stark betrieben. Die Calwer Tücher werden in der württembergischen Landesordnung von 1567 vorzugsweise erwähnt. Tücher und Zeuge hatten namentlich auch in’s Ausland einen starken Absatz, und dieser nahm in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts noch bedeutend zu, nachdem ein Italiener, Crololanza aus Piacenza, das Wollenkämmen, die Weberei und Färberei wesentlich verbessert hatte (J. V. Andreae Threni Calvenses 60). Denn seit dieser Zeit waren die Calwer Zeuge und Tücher wegen ihres feinen Gewebes, ihrer Appretur, ihres Glanzes, ihrer schönen und dauerhaften Farben sehr hoch geschätzt und wurden nicht nur im Fürstenthum selbst und in Deutschland, sondern auch nach Böhmen, Polen, Ungarn, Siebenbürgen, Elsaß, Lothringen und Italien in großer Menge verführt. Die Messen von Leipzig, Naumburg, Straßburg, Frankfurt, Nördlingen, München und Zurzach besuchten die Calwer regelmäßig. In der Stadt und ihrer Umgegend zählte man über 400 Webermeister, 1200 Zeugmacher und etlich 1000 Spinnerinnen. Von ihnen bezogen die Färber die Waaren, rüsteten sie vollends zu und verkauften sie dann mit Gewinn. Der gesammte Wollenertrag Württembergs reichte kaum für den vierteljährigen Bedarf der Stadt hin, und aus Böhmen, Hessen, Thüringen und anderswoher wurde noch viel Wolle eingeführt. Aus Frankreich und Spanien holte man die Kunstfarben. Jährlich verfertigte man gegen 70.000 Stücke „Engelsait, Grobgrün, Boi, Federritten, Bombasin, Barchent, Kölsch, Machaier, Schatter, Atlas und Teppiche“. Nach dem Landbuch von 1623 waren damals 4 Walkmühlen vorhanden, die untere zunächst der Stadt bei St. Wendel, die obere unter dem Pfaffenbrunnen, die dritte bei der oberen Mahlmühle, die vierte unter dem Rudelsberg, in deren Nähe auch eine Schleifmühle stand.

Die Gerber erneuerten am 2. Januar 1559 mit Zustimmung von Vogt und Gericht ihre Ordnung (Reyscher a. a. O. 618).

Die Landwirthschaft und Viehzucht betreffend, wurde am 12. März 1590 eine Verordnung bekannt gemacht, wie und wie viel jeder Bürger Ziegen halten und wie er sie weiden lassen dürfe (Reyscher

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_162.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)