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lebten die alten Handelsverbindungen schnell wieder auf, und die genannten 2 Gesellschaften vereinigten sich wieder unter der Firma „Wagner, Schill und Compagnie“, allein im Jahr 1817 umschloßen die östreichischen Zolllinien das Tyrol und die Lombardei und dadurch stockte der Absatz nach Italien abermals, und konnte um so weniger im Leben erhalten werden, als auch andere italienische Staaten hohe Zölle einführten und überdies der Gebrauch der billigen Calwer Wollzeuge durch noch größere Wohlfeilheit der Baumwollstoffe verdrängt wurde.

Unter diesen Verhältnissen trieb gleichsam die Nothwendigkeit zum Übergang auf andere Gewerbsthätigkeit und diese lenkte sich während der Continentalsperre auf den Versuch der Fabrikation von mittelfeinen und feinen Wolltüchern, Casimir, nach englischem, französischem und niederländischem Vorbilde.

Der Kampf mit fremder Concurrenz verursachte aber anfangs Opfer, welche mehrere Fabriken, Braun und Krauß (1818), Zahn und Georgii zur Aufhebung ihrer Geschäfte zwangen, zumal da noch alles von der Hand gefertigt wurde.

Indeß wurden im J. 1816 durch ein neu entstandenes Geschäft, Wagner, Schill und Comp., mechanische Wollstreich- und Spinnmaschinen aus der Cokerill’schen Werkstätte in Lüttich – für Württemberg die ersten – hieher gebracht. Auf die erloschenen Fabriken gründete sich eine neue „Schill und Wagner“ (gegenwärtige Theilhaber: Seeger, Dörtenbach, Schauber, Stälin)[1]. Auch entstanden Werkstätten von Meistern, welche von dem Betrieb einzelner Stühle zu dem fabrikähnlichen Betriebe mit mehr Stühlen aufstiegen. Das Haupterzeugniß war längere Zeit und ist noch jetzt eine Anzahl mittelfeiner Tücher, welche sich durch Wohlfeilheit und solide Farbe auszeichnen. Den Absatz gewöhnlicher Tücher minderte Gebrauch und Mode und bei der Mitbewerbung sächsischer, schlesischer und niederländischer Tücher verlegten sich Fabrikanten und Meister auch auf andere Modewollstoffe, als Satin, Buckskin, Flanell, Mantelstoff, Jacquardgewebe und es gelang auch hierin sich einen Ruf zu verschaffen und damit den größern Markt auch außerhalb Deutschlands betreten zu können.

Unter den zur Verfertigung von einigen tausend Stücken Wolltücher und anderer Wollstoffe mitthätigen Gewerben sind hervorzuheben die Wollfärbereien (jetzt Wagner, Federhaff), welche, wie dieses Geschäft vor mehreren hundert Jahren das wesentliche Element der


  1. Mit diesem Geschäft ist auch die von Dörtenbach und Schauber in Ernstmühl erbaute Wollspinnerei vereinigt.
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_168.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)