Seite:OberamtCalw 223.jpg

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Umgegend desselben, und erlauben freundliche Blicke in das Nagoldthal und dessen Seitenthäler.

Der Ort, nur 1/2 Stunde nördlich von der Oberamtsstadt gelegen, ist der Sitz des Cameralamts und eines Revierförsters; er zerfällt in 4 Gruppen, von denen 2, die Pletzschenau und der Viehhof, auf der rechten Seite der Nagold, die ehemaligen Kloster- und Schloßgebäude und eine Gebäudegruppe außerhalb der Klostermauern auf der linken Seite des Flusses liegen. Die durch den Fluß getrennten Gebäudegruppen sind mittelst einer steinernen, auf 3 Pfeilern ruhenden Brücke, über die auch die Landstraße einerseits von Calw nach Pforzheim, andererseits nach Wildbad führt, in Verbindung gesetzt. An der Brücke, welche gegenwärtig der Staat zu unterhalten hat, sind im Jahr 1561 die drei Schwibbögen gegen dem neuen Kloster hin ganz neu gemacht und die zwei gegen dem alten Kloster hin ausgebessert worden, was einen Kostenaufwand von 3000 fl. verursachte. Im Jahr 1855 erhielt die Brücke neue Brustwehren und einen neuen Pfeiler.

Die Pletzschenau besteht aus einer Gruppe minder ansehnlicher Häuser, an welche sich im Norden der ummauerte Begräbnißplatz des Orts anlehnt; auf dieser Stelle, von der man eine reizende Aussicht in das Nagoldthal und das gerade gegenüberliegende Schweinbachthal genießt, soll nach der Sage Helizena, eine Edle von Calw, im Jahr 645 ein Kloster gestiftet haben (s. hier. unten). Allhier war die Pfarrkirche Hirschau’s (plebania in Bletzenowe. Würdtwein Subsidia 10, 339), welche P. Bonifacius IX. den 11. Juli 1399 dem Kloster einverleibte. Im Jahr 1260 kommt vor Wolframus sacerdos dictus de Blescenowe. Mone Zeitschrift 1, 248. Noch bis zur Zerstörung Hirschau’s im Jahr 1692 wurde die Hirschauer Kirchengemeinde als zur Pfarrei Pletzschenau gehörig angesehen.

Der unter Abt Bernhard im Jahr 1482 angelegte Viehhof, dessen Name auf seine ursprüngliche Bestimmung hinweist, liegt an der Straße nach Calw, unfern der Brücke über die Nagold. Die große Viehscheuer wurde 1830 von der Gemeinde erkauft und 1835 abgebrochen; an ihrer Stelle stehen jetzt 6 Privatgebäude. Das geräumige ehemalige Meiereigebäude ist zur Hälfte als Rathhaus eingerichtet, während in der anderen Hälfte noch die Wohnungen bestehen, welche zu verschiedenen Zwecken von Seiten der Gemeinde benützt werden.

Zu dieser Gruppe gehörte auch die Aureliuskirche in der Gegend, wo Graf Erlafried von Calw im 9. Jahrhundert das Kloster stiftete (s. hier. unten).

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_223.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)