Seite:OberamtCalw 237.jpg

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in das St. Nazariuskirchlein, unterwegs rief ein Blinder den h. Aurelius um Hilfe an und erhielt sein Gesicht wieder; die Stelle, wo dieß geschehen war, wurde sogleich für das neu zu gründende Kloster, auf dem rechten Nagoldufer, ausgewählt. Noting steuerte reichlich zum Bau bei, gab auch goldene und silberne Kreuze und allerlei Zierrathen und Geräthschaften zur Ausschmückung und zum Gebrauch des Gotteshauses, nebst verschiedenen Handschriften. Im J. 838 stand das Kloster vollendet da. Es erhielt den Namen Aureliuszelle, wurde aber gewöhnlich von der Gegend, in der es stand, Hirschau genannt (monasterium Hirsaugia sive sancti Aurelii cella, Urk. K. Heinrichs IV. 9. Okt. 1075; monasterium sancti Aurelii, quod dicitur Hirsawgia, Bulle Pabst Gregors VII. 1075). Auf Bitten Erlafrieds sandte Rhabanus Maurus, Abt in Fulda, den gelehrten Lindebert als Abt und 15 Benediktinermönche dahin, die den 25. Mai 838 ihren Einzug in dem neuen Kloster hielten, welches hierauf am 11. Sept. Erzbischof Otgar von Mainz in Gegenwart des Abtes von Fulda und vieler geistlichen und weltlichen Personen höheren Standes einweihte. Der Stifter und sein Sohn Ermenfried gaben dem neuen Kloster eine reiche Ausstattung, den Ort, wo es stand, mit einem Waldbezirk auf beiden Ufern der Nagold, welcher von der Teinach bis zum Schweinbach sich erstreckte, die benachbarten Weiler: Lüzenhard, Nagoldhard, Gumprechtsweiler, Ottenbronn, einen großen Theil von Stammheim mit der Kirche und den Weilern Kentheim, Lüzenhardt und Sommenhardt, die Kirchen zu Deckenpfronn und Döffingen, die Orte Ebersbühl, Oberkollbach, Haugstett, Weltenschwann, Würzbach, Calmbach, Güter in Maichingen, Münklingen, Gültstein und Deckenpfronn. Kaiser Ludwig der Fromme und Papst Gregor IV. bestätigten das Kloster mit seinen Besitzungen, letzterer unter der Bedingung, daß die Mönche die Regel des h. Benedikts beibehalten und daß ihnen die freie Abtswahl gestattet sein sollte. Zum Schutzvogt des Klosters ernannte der Pabst den Grafen Erlafried, dem aber sein Sohn Ermenfried nur dann folgen dürfte, wenn Abt und Convent ihn durch freie Wahl dazu erkoren. Schon unter seinem ersten Abt gelangte Hirschau zu schöner Blüthe, 839 wurde der gelehrte Mönch Hildulph aus Fulda dahin berufen und eine Klosterschule errichtet, die in kurzer Zeit stark besucht wurde und sich großen Ruhm erwarb. Die meisten Äbte hielten streng auf Zucht und begünstigten wissenschaftliche Studien bei ihren Mönchen. Dieser gedeihliche Zustand dauerte bis zum Jahr 988, nun aber raffte eine Seuche innerhalb 3 Monaten den Abt und über 60 Mönche weg; nur 12 blieben am Leben und unter diesen entstand bei der Wahl eines neuen Abtes Streit. Der Großkellner Eberhard, von der Minderzahl erwählt, mußte seinem Nebenbuhler weichen und bat den Grafen Adelbert von Calw um seinen Beistand. Willig ergriff dieser die Gelegenheit, das Kloster in seine Gewalt zu bringen, er baute auf dessen Grund und Boden eine Burg, plünderte es am 14. Febr. 990 aus und vertheilte die Güter desselben zunächst unter seine Dienstleute.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_237.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)