Seite:OberamtMergentheim0119.jpg

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weniger vertreten. In theologischen Kreisen hat man schon den Gegensatz des Augustinismus und Pelagianismus mit dem Unterschiede der altwürttembergischen und fränkischen Frömmigkeit in Parallele gestellt, ob mit Recht oder Unrecht, müssen wir dahin gestellt sein lassen.“

Von unbefangenen Stimmen aus dem Bezirk Mergentheim selbst mögen einige hier eine Stelle finden. Zur Charakteristik der Bewohner der Stadt Mergentheim finden wir in einer größeren handschriftlichen Arbeit des langjährigen Oberamtsarztes Dr. Bauer († 1836) Folgendes: „Milde zeichnete die Deutschordische Regierung, wenigstens in den letzten Zeiten, besonders aus. Der hohe Orden hatte viele, zum Theil reiche Besitzungen, hatte meist nur für eigene, wenig für fremde Bedürfnisse zu sorgen, genoß seine Einkünfte und ließ sie genießen, lebte und ließ seine Beamten und Unterthanen leben. So war es denn auch jeder Klasse der Bürger gegeben, auf eine leichte Weise begütert und wohlhabend zu werden. Durch den leichten Erwerb aber, verbunden mit dem glänzenden, nicht selten üppigen Beispiel von oben, erzeugte sich ein Hang zur Gemächlichkeit, zum Wohlleben und Luxus, unter einem Theil des Volks Armut und Bettelei, genährt durch die verhältnismäßig vielen und reichen Stiftungen und Versorgungsanstalten. Dem Sohne des Staatsdieners war es nicht schwer zu Amt und Würden zu gelangen, wenn er nur den schon gebahnten Weg zu gehen oder auch zu schleichen sich nicht scheute. Daher wurde der Sinn für Wissenschaft und Kunst eher vernachläßigt als geweckt.“ (Siehe übrigens die Angaben über namhafte Söhne des Bezirks in der Ortsbeschreibung). „Erworben aber wurden Schliff im Äußern, Gewandtheit des Benehmens, freundliche Manieren im Umgang etc.“ Von den Stimmen aus unseren Tagen glaubt eine von den Landbewohnern des Bezirks im Allgemeinen Fleiß und Sparsamkeit, welche letztere sich bei den Alten in Bedürfnislosigkeit gegenüber den häuslichen Bequemlichkeiten, bei den Jungen in reger Betheiligung an der öffentlichen Sparkasse zeige, ganz besonders aber kirchlichen Sinn und freundliche Höflichkeit auch gegen Fremde rühmen zu dürfen; auch fehle es nicht am Sinn für Reinlichkeit und Sauberkeit an Leib und Kleidung; man treffe in den Schulen keine barfüßigen, ungekämmten und ungewaschenen Kinder mit zerrissenen Kleidern etc. Eine andere Stimme urtheilt über die bäuerliche Bevölkerung eines der wohlhabenden Gäuorte: Es ist ein kräftiger, bildungsfähiger Menschenschlag (vgl. Bavaria 4, 209: Stämmige breitschultrige Gestalten sind

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0119.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)