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tauchten die Fräulein unter. Da plötzlich wallte das Wasser blutig gefärbt auf, und niemals mehr hat man etwas von den „Wasserfräulein“ gesehen. (Schr.)


15. Die drei weißen Fräulein.

Bei der Hundskirche, einer kleinen Kapelle bei Blumweiler, von der vor 4–5 Jahrzehnten noch einige Baureste, darunter auch ein steinerner Altar, vorhanden waren, während jetzt an ihrer Stelle ein Steinbruch angelegt ist, haben sich in früheren Zeiten öfters „drei weiße Fräulein“ sehen lassen. (Schr.)


16. Goldregen beim Achtuhrläuten.

In der Elpersheimer Kirche regnet es während der Adventszeit beim nächtlichen Achtuhrläuten Goldstaub, der aber, wenn der Meßner Licht anzündet, um ihn zu sammeln, verschwindet. (Mündl. Der Goldstaub ist natürlich das leuchtende Wurmmehl, das beim Läuten aus den Glockenseilbüchsen herabfällt.)

Dieses Achtuhrläuten findet in mehreren Orten des Bezirkes während der Wintermonate statt, so in Weikersheim von Michaelis an bis Mariä Verkündigung und in Elpersheim vom 3. Oktobersonntag, dem Kirchweihsonntag, bis Palmsonntag, früher auch in Creglingen, und soll ihm die Sage vom verirrten Edelfräulein zu Grunde liegen. Die Sage lautet zum Beispiel in Creglingen:


17. Das Nachtglöcklein in Creglingen.

An der Tauberbrücke zu Creglingen stand bis 1874 ein hoher Thorthurm, der wohl ein gleiches Alter wie die Herrgottskirche haben mochte. In seinem oberen Stocke befand sich ein Uhrwerk mit einer helltönenden Glocke. Diese wurde Winters von Martini bis Lichtmeß Abends 8 Uhr 10 Minuten lang geläutet.

An diese Glocke, das sogenannte „Nachtglöcklein“, knüpft sich folgende Sage:

Einst in rauhen Wintertagen gieng eine Jungfrau durch den oberen Taubergrund. Sie verspätete sich und es wurde Nacht. Die Schneeflocken fielen so dicht, daß sie bald keine Spur mehr von einem Wege unterscheiden konnte. Da rief sie voll Zagen und Bangen: „erscheint denn Niemand, der mir den Weg zeige und mich rette aus dieser Noth?“ Aber keines Menschen Stimme gab ihrem Rufe Antwort. Der Wintersturm wehte fort und die Wellen der Tauber erbrausten immer wilder. Zitternd und bebend kniete sie nieder auf den schneebedeckten Boden und flehte zum Himmel: „Ach erbarme dich, himmlischer Vater, und zeige mir die rechte Bahn, auf daß ich Rettung finde!“ Kaum hatte sie so gesprochen – horch, eines Glöckleins Ton klang silberhelle in ihr Ohr und dem folgend, kam sie auf den richtigen Weg. Voll Dankes gegen Gott, der sie aus so großer Angst und Noth errettet, gelobte sie, zu stiften ein Geläute, dessen Klang der Pilger höre, wenn er wandle in dieser Gegend und Nacht und Unwetter ihn ereile.

Und dieses Gelöbnis erfüllte sie durch Stiftung eines Glöckleins im alten unteren Thorthurm Creglingen. (Sch. II, S. 133.)

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0129.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)