Seite:OberamtNeresheim0206.jpg

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Zopfstile gehalten, entwickelt sie innen sowohl in der Anlage als auch in der Ausstattung eine sehr bedeutende Pracht. An den im Westen stehenden Thurm schließt sich ein Schiff mit Stichkappengewölben, und daran, durch den halbrunden Triumphbogen getrennt, ein quadratischer überkuppelter Raum und hieran, als Chor, ein zweiter etwas kleinerer, den ein Kreuzgewölbe überspannt. Alle Decken sind mit Fresken und reichen Stuckaturen geschmückt; die drei Altäre (vom Jahr 1763) sind im prachtvollsten Zopfstile gehalten und mit vielen korinthischen Säulen besetzt. Denselben prächtigen Stil zeigen die große Kanzel (aus Holz und vergoldet), die herrlich geschnitzten Chorschranken, die beiden Beichtstühle und besonders die sehr reiche und schöne, von zwei korinthischen Säulen getragene Orgelempore. Dann sind alle Thüren und Brüstungen, ja selbst der Opferstock, und endlich die Seitenlehnen der Kirchenbänke ganz trefflich geschnitzt; am ersten Stuhle links liest man: Johannes Widennman Schreinermeisterr zu Balmmerthshofen Anno 1742, und an der ersten Stuhlreihe rechts steht: Josephi Meirhoferr schreinerrmeister zu Witeslinga Anno 1742. Von diesem sollen auch der Hochaltar und die meisten der anderen Schnitzereien verfertigt sein. An der auch schön geschnitzten Sakristeithüre steht: Der wohl. Edle und hochwirthene. Herrn. Herrn. Pfarn. Hansierg. Zieglehr zu Balmmerths Hoffen Anno 1742. Hern Lenhart Hein.

Hinter dem mit hübschen Ölbildern geschmückten Hochaltar sieht man an der Ostwand des Chores ein sehr großes kalksteinernes Grabdenkmal im Renaissancestil, darstellend Christus am Kreuz mit Maria und Johannes, darunter knieen zwei Ritter und eine Frau mit vielen vielen Kindern. Am Rande erheben sich viele Wappenschilde und oben die großen des Herrn von Leonrodt und seiner Gemahlin, des damaligen Besitzers von Ballmertshofen. Von den drei Glocken sind die erste und dritte neu, die zweitgrößte hat die Umschrift:

Zu gottes lob gehor ich.
Christof glockengieser zu norinberg gos mich. amen.

Um die Kirche, deren Unterhaltung auf der Stiftung, beziehungsweise auf der Gemeinde ruht, geht der wohlummauerte Friedhof. Beim Ausbessern seiner Mauern fand man in den Fundamenten eine große kalksteinerne Platte, wohl die Oberschwelle eines Eingangs (jetzt im K. Antiquarium zu Stuttgart) mit einer flachbogigen Lünette, worin höchst roh das Brustbild eines Mannes ausgemeißelt ist; beide Arme hat er erhoben und umfaßt mit der Linken das lange Horn eines knieenden Ochsens, mit großem Kopf und kleinem Leibe. Das Ganze stellt ohne Zweifel eine Opferhandlung dar, hängt vielleicht mit dem in diesen Gegenden vielverbreiteten Mitrasdienst zusammen und ist wohl die Arbeit römischer Soldaten. Auf dieser Stelle, so geht die Sage, soll ein heidnischer Tempel gestanden sein.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0206.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)