Seite:OberamtNeresheim0298.jpg

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schlichte Masse dar und wird vorne von einem kleinen Dachreiter bekrönt, der zwei Glöckchen trägt. An der Fassade stehen zwei Thürme, die jedoch nicht höher als bis zum Dach der Kirche gebaut wurden, in nächster Zeit aber vollends ausgebaut werden sollen. Alljährlich am Sonntag nach Mariä Geburt wird in der Kirche zur Erinnerung an jene wunderbare Heilung ein von 2000–3000 Personen besuchtes Fest, das sog. „Birnenfest“ gefeiert. Der Knabe, so heißt die Legende, hatte das Unglück, den 26. Mai 1582 von der Epilepsie befallen zu werden. Weder ärztliche Hilfe, noch eine nach Unterkochen angelobte Wallfahrt, konnte das Übel heben. In der Pfingstnacht desselben Jahres erschien nun dem Knaben eine Frau und sprach zu ihm: Wilhelm! wenn man Abends das Gebet läutet, so gehe in den nächsten langen Roggenacker, da ist eine Wurzel, grabe sie aus, sie wird dir helfen und dich gesund machen. Dem folgend gieng der Knabe auf den Acker, da kam ihm dieselbe Frau mit einer Wurzel in der Hand wieder entgegen und sprach: „Mein Sohn, allda wird dir geholfen werden“. Zugleich drückte sie ihm die Wurzel kreuzweise an die Stirne und verschwand. Der Knabe aber wurde gesund. Die frommen Eltern ließen darauf an der Stelle der Heilung einen Bildstock setzen, und auf eine Tafel das schon genannte Bild malen. Später 1613 wurde eine Kapelle errichtet, sie stand bis 1744. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Stiftungspflege.

Der 1846 angelegte Friedhof liegt südlich hinter der Kirche.

Zunächst der Kirche steht das 1740 erbaute und 1844 erneuerte, zweistockige freundliche Pfarrhaus mit anliegendem Gemüse- und Obstgarten; die Unterhaltung desselben hat der Staat. Das ebenfalls bei der Kirche gelegene 1846 auf Staatskosten mit einem Aufwand von 6000 fl. erbaute Schulhaus ist geräumig und gesund gelegen; es enthält außer den Schulzimmern noch die Wohnung des Schulmeisters; vor dem Schulhaus stehen zwei schöne Linden. Mit der Volksschule ist eine vom Staat unterstützte Industrieschule verbunden mit besonderer Rücksicht auf die Kinder in Schloßberg; die Mädchen üben sich in weiblichen Arbeiten und erhalten Entschädigung für ihre Leistungen, die Knaben flechten Körbe und verschließen ihre Produkte gut. Das alte, minder ansehnliche Schulhaus dient jetzt als Rathhaus.

Gutes Trinkwasser liefern reichlich ein Pump- und drei Schöpfbrunnen, nebst mehreren Privatbrunnen; überdieß wird die Markung von der Eger und einem kleinen Seitenbach derselben berührt, der die Heidmühle in Bewegung setzt.

Die im allgemeinen kräftigen Einwohner finden ihre Haupterwerbsquellen in Feldbau und Taglohnarbeiten; von den Gewerben sind außer den ganz gewöhnlichen zu nennen zwei Schildwirthschaften, worunter eine mit Bierbrauerei, ein Kramladen, zwei Mühlen mit je zwei Mahlgängen und einem Gerbgang und eine Lohmühle. Die

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 298. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0298.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)