Seite:OberamtNeresheim0370.jpg

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noch eine reiche Auswahl von werthvollen Bänden, Naturaliensammlungen, Ölgemälden etc. enthält, ferner das aus Zeiten des Lyceums noch wohl erhaltene Theater. Auch zeigen die Decken der Gänge und anderer Räume, z. B. des früheren Refektoriums und der Schloßkapelle, noch schöne Stukaturarbeiten. Das Schloß und die Kirche sind Eigenthum des Fürsten von Thurn und Taxis.

Die Wohnung des Ortsgeistlichen befindet sich im dritten Stockwerk des hinteren Schloßflügels, der gegenwärtige Pfarrer wohnt aber in einem Gebäude außerhalb des Schlosses im Dorf Neresheim. Im unteren Stockwerke des Schlosses ist die Schule und die Wohnung des Schulmeisters eingerichtet.

Rathhaus ist keines vorhanden; der Schultheiß erhält für ein Rathszimmer Miethentschädigung.

Das Trinkwasser wird von dem in der Nähe des Bierkellers gefaßten Fürstenbrunnen in den Schloßhof geleitet, wo es den großen vierröhrigen Schloßbrunnen speist; auf der unten mit 4 steinernen Löwen besetzten Brunnensäule steht die Statue des Erzengels Michael, auch trägt er die Jahreszahlen 1720 und 1783. Von dem Schloßbrunnen werden die weiteren Brunnen in den Ökonomiegebäuden und im Dorf mit Wasser versehen, das im Ort zuweilen ausgeht und alsdann am Schloßbrunnen geholt werden muß.

Die Einwohner sind außer den Beamten und einigen Handwerkern meist Pensionäre, Wittwen und Nachkommen von verstorbenen fürstlichen Dienern, die theilweise Unterstützung von dem Fürsten erhalten.

Eine Bierbrauerei, die gute Geschäfte macht, und ein Gasthaus, beide Eigenthum des Fürsten, sind vorhanden und verpachtet; auch steht östlich vom Schloß eine dem Fürsten gehörige Ziegelhütte und ein Bierkeller. Die Apotheke, die früher hier bestand, ist in neuester Zeit in die Oberamtsstadt verlegt worden.

Die ziemlich unebene, theilweise bergige Markung, die mit wenig Ausnahme dem Fürsten von Thurn und Taxis gehört, hat einen warmen, kalkhaltigen, mitunter steinigen Boden, der viel Regen und tüchtige Düngung braucht, wenn er reichlichen Ertrag liefern soll. Das dem Fürsten von Thurn und Taxis gehörige, 632 Morgen große Gut, wird gegenwärtig von den Pächtern desselben, Dauser und Schmid, unter Anwendung verbesserter landwirthschaftlicher Geräthe (Brabanter Pflug, eiserner Egge, Walze, Futterschneidmaschine, Repssäemaschine Dreschmaschine etc.) in 8 Rotationen rationell bewirthschaftet. Zur Besserung des Bodens kommen außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln noch Gips, Asche und Malzkeime zur Anwendung. Das Gut zerfällt in 181/8 Morgen Gärten, 4915/8 Morgen Äcker, 93 Morgen Wiesen, 252/8 Morgen Ödungen, 31/2 Morgen Gebäudefläche und Hofraum, und besitzt nebenbei die schon genannte

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 370. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0370.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)