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ausgebreiteten Handel mit antiquarischen Gegenständen. Von den Christen handeln einige mit Getreide. Außer den gewöhnlichen Gewerben, die beinahe alle vertreten sind, nennen wir noch die Leim-, Gelatine- und Kunstdünger-Fabrik von Veit Weil, welche 36 Personen beschäftigt und jährlich etwa 1500 Ctr. Leim, 15.000 Ctr. Kunstdünger, 1000 Ctr. Knochenfett und in kleineren Quantitäten Gelatine nach Deutschland, Frankreich und Amerika absetzt; überdieß sind vorhanden: 3 eigentliche Kaufleute, 6 Krämer, 3 Schildwirthschaften, worunter 2 mit Bierbrauereien, eine Branntweinbrennerei, eine Ziegelhütte, eine Zündhölzchenfabrik und an Mühlwerken die Götzenmühle mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang, die Nagelmühle mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang, die Schnellenmühle mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang, die Steinmühle mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang; mit sämtlichen Mühlen ist je eine Gipsmühle verbunden. Wegen der vielen handeltreibenden Israeliten und ziemlich zahlreichen Gewerbsleuten ist der Verkehr und Handel im Ort sehr namhaft. Die Vermögensverhältnisse der Einwohner gehören, mit Ausnahme von einigen Wohlhabenden, zu den mittelmäßigen, theilweise zu den geringen. Den bedeutendsten Güterbesitz haben 4 Bürger mit je 80–100 Morgen, während der sog. Mittelmann (10 Bürger) 15–25 Morgen und die minder bemittelte Klasse 3–6 Morgen besitzen; sehr viele haben gar kein oder nur ganz wenig Grundeigenthum. Unterstützung von Seiten der Gemeinde erhalten gegenwärtig 16 Personen.

Die mittelgroße Markung hat theils eine flachwellige, theils sehr bergige Lage, indem noch ein großer Theil des Ipfs und der ihm gegenüberliegende Karstein in dieselbe eingreift. Der Boden ist in den ebeneren Lagen fruchtbar und besteht hauptsächlich aus den Zersetzungen des braunen Jura, wie auch aus Thon und Lehm mit reichlichem schwarzem Humus; in den bergigen Lagen, die aus weißem Jura bestehen, ist der Boden steinig, kalkreich und an den steilen Gehängen so humusarm, daß er, namentlich am Ipf, nur noch für Weide benützt werden kann. In den Thalebenen haben sich den Wiesenbau begünstigende Alluvionen abgelagert. Die klimatischen Verhältnisse sind wie in dem nahen Bopfingen. Hagelschlag kommt in 25 Jahren vielleicht einmal vor; im Jahr 1849 war der letzte vollständige Hagelschlag.

Die Landwirthschaft wird sehr fleißig und umsichtig betrieben; die größeren Güterbesitzer haben durchgängig verbesserte Ackergeräthe, wie Hohenheimer- und Suppinger-Pflüge, eiserne Eggen, Hächselmaschinen etc. und nur bei den kleineren Güterbesitzern ist der gewöhnliche deutsche Pflug noch üblich. Die Düngerstätten sind meist zweckmäßig angelegt und mit Jauchelöchern versehen. Man baut hauptsächlich Gerste und Dinkel, weniger Haber, Weizen und Roggen,

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neresheim. H. Lindemann, Stuttgart 1872, Seite 386. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtNeresheim0386.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)