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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

sind noch allgemein üblich und finden bei Hochzeiten, Kirchweihen, in der Fasnacht, wie auch am Oster- und Pfingstmontag häufig statt. Das Kegelschieben ist das gewöhnliche Spiel, das in allen Orten mehr oder weniger getrieben wird, auch das Kartenspiel hat seine Verehrer und das Scheibenschießen wird hauptsächlich in der Oberamtsstadt und in Heubach, wo besondere Schützengesellschaften bestehen, eifrig ausgeübt.

Von eigentümlichen Gebräuche nennen wir die Fasnachtsbelustigungen (das sog. Maskern), welche in Gmünd leidenschaftlich gerne gepflegt werden; dabei kommen Vermummungen, Maskeraden aller Arten vor und ganze Gesellschaften führen zuweilen vereint allerlei Fasnachtsspiele und Scenen auf. Auch die Kirchweihen werden in der Oberamtsstadt in einer seltenen Ausdehnung gefeiert (s. hierüber die Ortsbeschreibung von Gmünd). Das Passionsspiel, das früher in Gmünd mit großem Glanz und Aufwand alljährlich aufgeführt wurde, hörte im Jahr 1803 auf.

Bei Taufen und Hochzeiten schießen die ledigen Bursche, während sich der Zug in die Kirche und von da wieder zurück begiebt; diese Sitte ist beinahe in allen Orten noch üblich, doch beginnt sie allmählig seltener zu werden. In Leinzell werden bei den Taufen heitere Melodien auf der Orgel gespielt. Der Taufschmaus ist beinahe ganz abgegangen und wird nur in einzelnen Orten noch gehalten. In Winzingen findet am Sonntag nach der vollzogenen Taufe ein Taufschmaus in dem Hause des Täuflings statt.

Die Hochzeiten sind theils Zech-, theils Schenkhochzeiten und werden nicht selten noch solenn gefeiert, wobei sich alsdann nicht allein die Verwandten und Bekannten aus dem Ort, sondern auch aus der nächsten Umgegend zahlreich einfinden. Bei größeren Hochzeiten bewegt sich der Hochzeitszug unter Musik in die Kirche und von da zurück in das Wirthshaus, wo die Hochzeit mit Tanz und Schmaus gefeiert wird. In Leinzell gehen beim Hochzeitszug von beiden Brautführern einer vor der Braut, der andere hinter ihr mit gezogenem Degen, damit die Braut nicht gestohlen werde. Auch in Muthlangen und Täferroth treten die Brautführer (Hochzeitsknechte) mit gezogenen Degen auf; in letzterem Ort sind die Degen mit Bändern verziert, an welche in dem Wirthshaus die Geschenke gehängt werden. In Unter-Böbingen wird die Braut von zwei Jünglingen (Brautführern) zum Altar geführt; nach der Trauung geht der Hochzeitszug in das Gasthaus, wo einer der Brautführer mit der Braut den Reigen eröffnet und nach drei Tänzen bringt er dieselbe dem Bräutigam. In Winzingen geht der Hochzeitszug in folgender Ordnung in die Kirche: zuerst die Musikanten, dann die ledigen Bursche, diesen folgen der Bräutigam und dann die verheirateten Männer; hierauf die Jungfrauen, nach ihnen die Braut, begleitet von dem Brautführer und

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_079.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)