Seite:Oberamt Gmuend 168.jpg

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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

auf der gegen das feindliche Allemanien gekehrten, umsichtig verschanzt und gedeckt hatten.

Diese Vor- und Rückschanzen der römischen Grenzmarke, wie auch Reste von Römerstraßen, haben nun frühere Forscher mehrfältig irre geleitet und hiedurch eine widersinnige Theorie über den Limes transdanubius namentlich soweit dieser unseren Bezirk berührt, hervorgerufen; sie verließen nämlich plötzlich die Grenzstraße, welche sie auf eine weite Strecke bis tief in das Königreich Bayern hinein für den Limes erkannten, und verirrten sich auf die im Walde Grubenholz bei Brackwang von der Limesstraße abgehende Seitenstraße, die noch gut erhalten über den sog. rothen Sturz unterhalb Unter-Böbingen in das Remsthal zieht (s. hierüber unten). Nachdem sie auf diese Weise das günstigste Terrain zwischen der Rems und der Lein verlassen hatten, führten sie ohne alle Berechtigung ihren vermeintlichen Limes wieder aus dem Thal hinaus auf die Anhöhe südlich von Iggingen und von da ein tiefes Thal durchschneidend auf die Hochebene südlich von Herlikofen, um dort an die oben angeführte Vorschanze zu kommen. Von hier an verschwinden die Spuren wieder und man führte nun den Limes in das Schießthal, um dort an einen Wall, der theilweise eichenes Pfahlwerk enthielt, anzuknüpfen; dieser Wall aber war ein Damm, der einen früher hier bestandenen Weiher schwellte. Das tiefe Schießthal quer durchschneidend vermuthete man den weiteren Zug durch tiefe Thäler und Schluchten auf der Anhöhe südöstlich von Muthlangen und von dieser, stets ohne Spuren, auf der Anhöhe südlich von Wetzgau; hier ging man nun, beinahe in einem rechten Winkel abbrechend, auf einer ehemaligen Römerstraße (s. unten) 1/4 Stunde rückwärts, um den Rest einer zweiten Römerstraße zu erreichen, die von Gmünd nach Lorch führte; auf dieser für den Limes gehaltenen, noch deutlich sichtbaren Straße wurde nun der weitere Zug an Klein-Deinbach und Hangendeinbach vorüber bis Lorch fortgesetzt (s. hier. unten).

Abgesehen von diesen großen Verirrungen sprechen schon die Terrainverhältnisse ganz entschieden gegen diese Führung der Grenzstraße, denn man wird wohl den kriegserfahrenen Römern, welche so tüchtige Terrainkenner waren und das Terrain so trefflich zu benützen wußten, nicht zutrauen, daß sie gegen alle und jede Regel der Strategie mit ihrer Grenzstraße, die wie alle bedeutenderen Römerstraßen zugleich als Operationslinie diente, die nahe, überaus günstige Wasserscheide zwischen der Rems und der Lein verlassen und ihren Weg durch tiefe wilde Schluchten und Thäler so ganz zweckwidrig genommen haben.

Weitere Verschanzungen, die wir offenbar auch den Römern zuschreiben müssen, finden sich am ganzen oberen Rande des Nordwestabhangs der Alb; diese natürliche, durch ganz Württemberg hinziehende

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_168.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)