Seite:Oberamt Gmuend 247.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

der aus 24 Männern bestehen sollte: 3 Bürgermeistern, von welchen jeder 4 Monate im Jahr das Amt führte, die aber auf Lebenszeit sollten gewählt sein; 5 Senatoren auf der Bürgerbank, von welchen die 2 ersten mit den 3 Bürgermeistern zusammen die Fünfer oder Geheimen bildeten; 16 auf der gemeinen Bank. Bei der jährlichen Selbstergänzung sollte der ganze Rath mitwählen. Die Zünfte bekamen aus ihrer Mitte Achtmeister und Oberachtmeister.

Gewiß nur auf erneute Anregung aus Gmünd revidirte der Kaiser seine Verfassung schon 1556 und übertrug die jährliche Erneuerung des Raths den fünf Geheimen allein, so daß jährlich einer vom Bürgerbank, 3 vom gemeinen Bank sollten neugewählt werden. Zugleich wurde der Schwörtag von Georgii auf Lorenzi (an einem Sonntag gewöhnlich abgehalten) verlegt und die 1553 verordnete fixe Besoldung der Herrn erhöht.

Bei dieser Verfassung sollten die Dreizahl der Bürgermeister und der Amtswechsel nach 4 Monaten (Neujahr, Philippi–Jacobi und Michaelis) doch eine gewisse Controle gewähren, die außerdem fehlte. Nothwendig mußte aber dieser Wechsel die Geschäftsführung verschlimmern und konnte die Mißstände des Partei- und Vetterleswesens nicht ferne halten. Jahrhundertlange innere Unruhen, Processe der Unterthanen und Stadtbürger mit dem Rath waren die verderbliche Frucht dieser Verfassungsänderung, welche mit 1802 ihre Endschaft erreichte. Seitdem wird Gmünd ganz nach württembergischen Gesetzen verwaltet.

Die Verwaltung wurde im 15. Jahrhundert besorgt durch den Bürgermeister und Rath mit Beihülfe des Stadtschreibers, eines Büttels (Rathsdieners) und Laufers (Boten). Den 2 Städtmeistern war ein Knecht beigegeben, nachher auch der Gredmeister. Ein Ungelter und Ungeltschreiber zogen die Steuern ein, besonders den Wochenpfennig. Für die Victualien waren aufgestellt: ein Brotmeister, Fleisch-Schauer und Schätzer, Fischschauer, Kornmesser; für Handel und Wandel: Unterkäufer und Käuflerin, Pferdschauer, Augsteinschauer, Woll- und Tuchschauer u. dgl. m.

Die Justiz verwalteten der Schultheiß und das Gericht, und „Untatter“ (Unthater) für kleinere Vergehen, Feld und Wald behütete der „Eschhay“. Die Stadt behüteten die Thürmer, welche ankommende Reiter noch anzublasen hatten.

Nach der Verfassungsänderung 1553 waren die 2 Geheimen der Bürgerbank zugleich Oberstättmeister, und unter den 12 Herrn der gemeinen Bank 1 Amtsstättmeister und 2 Stättmeister; je der jüngste Senator war Bau- und Schrannenherr. Anstatt des Stadtschreibers wurden allmählich ein Rathsactuar und 2 Consulenten angestellt, 2 studirte Juristen. Diese 2 hatten berathende Stimme im Rath, entscheidende in Rechtsfällen; der erste war Kanzleidirektor und

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 247. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_247.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)