Seite:Oberamt Gmuend 254.jpg

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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

hingewiesen und sicherlich haben schon zu der Zeit, wo das städtische Gemeinwesen sich bildete, Handwerker verschiedener Art sich zu Gmünd niedergelassen, wie solche namentlich für die zahlreichen Patricier und den ritterlichen Adel der Umgegend Bedürfniß waren, gar nicht zu reden von der nahen Kaiserburg, deren Herren ja meistens weit entfernt lebten.

Gmünds Industrie und Handel kam allmählig in großen Flor, so daß der Raum innerhalb der alten Stadtmauer der einwandernden und sonst anwachsenden Bevölkerung nicht mehr genügte, so daß vor allen Thoren Vorstädte sich bildeten, wo in den zwei Schmidsgassen hauptsächlich Eisenarbeiter, in der Ledergasse Gerber sich niederließen, hinter dem Spital bei den „Fischhäusern“ die Fischer u. dgl. m. Gelegentlich sind uns in Urkunden begegnet nicht blos Schuster und Schneider (1363), sondern auch Kupferschmiede (1368), Ledergerber (1395) u. s. w. Plattner werden 1463 genannt, vom Fegen der Harnische und Panzer ist 1469 die Rede, ein „Gewandschneider“ c. 1390 ist ein Tuchhändler und setzt Tuchmacher voraus, Binder (1474), Kantengießer (c. 1480), Kürschner (1483), Wannenmacher (1487) u. a. m. bezeugen eine vielseitige Thätigkeit; jedenfalls um 1450 waren auch schon Goldschmiede da. Besonders schwunghaft wurde das Sensenschmieden betrieben und Kaiser Max verbot 1507 das Gmünder Einhornzeichen auf die Waare andrer Orte zu schlagen. Jeder einzelne Meister durfte übrigens nur eine gewisse Zahl Sensen produciren, um auch den andern Raum zu lassen. Eigenthümlich für Gmünd war besonders die Verfertigung von Paternostern u. dgl. aus Augstein (Gagat) Bein, Holz, Alabaster u. s. w., welche vertrieben wurden bis Venedig, Mailand, Paris, Lissabon u. s. w. ja bis Konstantinopel. Aus diesen Ländern brachten die Händler Gewürze, Weine, Seide u. s. w. und besonders auch Baumwolle zurück wodurch eine zweite Industrie, vornehmlich der Frauenzimmer, ins Leben gerufen wurde, das Baumwollspinnen, Schleierwirken, das Stricken von Mützen, Handschuhen, Strümpfen, später auch Goldstickerei und Perlstrickerei etc. u. dgl. m. Wiederum eine bedeutende Industrie wurde die Verfertigung von kleineren Gold-, Silber- und Tombak Waaren, worüber vornen bei der Industrie Näheres zu finden ist.

Die Industriellen alle hatten sich anfänglich in acht Zünfte zusammengethan, an welche sich allmählig neu auftretende Betriebszweige anschloßen; im 14. Jahrhundert erlangten die Zunftmeister einen Sitz im Stadtrath bis zur Verfassungsänderung 1552. Um 1700 gehörten zur

I. Krämerzunft: Kaufleute und Krämer, Bortenmacher, Maler,* Nestler,* Seckler, Sattler, Beinringler, Glaser, Seiler, Gürtler,

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_254.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)