Seite:Oberamt Gmuend 373.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

läuft noch eine Mauer, an der sich ein runder Thurm befindet. Die ganze Anlage besteht aus dem alten und dem neuen Schloß; letzteres ist in einem einfachen Stil, das alte Schloß aber in seinen oberen Theilen im Renaissancestil erbaut, während der uralte Unterbau aus Buckelquadern besteht; an der Nordseite desselben befindet sich ein runder Treppenthurm, an der Südseite ein erkerartiger Ausbau. Im oberen, dritten Stockwerk sind für die Gutsherrschaft hübsche, mit Wappen geschmückte Gelasse eingerichtet, von denen man eine prachtvolle Aussicht an die Alb genießt; das mittlere Stockwerk bewohnt der Gutspächter, der zugleich eine Wirthschaft und eine in einem Nebengebäude eingerichtete Bierbrauerei betreibt. Die beiden Schlösser und einige Ökonomiegebäude schließen einen Hofraum mit Gärtchen ein; eines der Nebengebäude ist mit Staffelgiebeln versehen und trägt die Jahreszahl 1583. Gegen das Thal hin dehnt sich ein schattiger Schloßpark. Zum Schloß gehört ein 46 Morgen großes, meist aus Wiesen und Baumgütern bestehendes Gut.

Gutes Trinkwasser liefern 55 Pump-, 2 Zieh- und 8 Schöpfbrunnen. Bei anhaltender Trockenheit entsteht Wassermangel im Ort, das Wasser wird dann in der nördlich gelegenen Farrenwiese geholt. Die Markung ist überhaupt nicht reich an Quellen, von Bedeutung ist nur die schon genannte; dann fließen darüber die Lein, der Pfaffen-, der Theurenhalden- und der Sulzbach; sie treten nur selten aus und verursachen keinen Schaden.

Im Schloßgarten ist ein über einen halben Morgen großer Weiher, der abgelassen werden kann, und im Ort ein Feuersee angelegt. Nördlich vom Ort bestand ein Weiher, der längst in Wiesengrund umgewandelt wurde.

Die Vicinal- und Amtskörperschaftsstraße von Muthlangen nach Täferroth geht über die Markung.

Über die Lein und den Pfaffenbach führt je ein von der Gemeinde zu unterhaltender Steg.

Die Haupterwerbsquellen der Einwohner bestehen neben Feldbau, Obstbau und Viehzucht in Taglohn und Fabrikarbeit. Unter den Gewerbetreibenden sind Zimmerleute und Schuster vorherrschend und arbeiten auch nach außen. Eine Ziegelei, zwei Schildwirthschaften mit Bierbrauereien und zwei Kramläden bestehen.

Die Vermögensverhältnisse gehören zu den mittelmäßigen; der begütertste Bürger besitzt 60 Morgen Feld und 20 Morgen Wald; der Mittelmann 20, die ärmere Klasse 2 Morgen Feld.

Die nicht große Markung ist mit Ausnahme der Abhänge gegen die Thäler eben und hat im allgemeinen einen mittelfruchtbaren, meist aus einem nicht tiefgründigen Lehm bestehenden, von Liaskalk unterlagerten Boden, der nicht selten naßkalt, zuweilen auch steinig erscheint.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 373. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_373.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)