Seite:Oberamt Ravensburg 184.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Marienthal, s. o. Von den oben erwähnten Sägemühlen ist die eine jetzt zu einer Nudelfabrik eingerichtet, welche ein vorzügliches Erzeugniß liefert. Die Schussen schickt ihr Wasser durch einen Canal, der von ihr bei Ravensburg ausgeht und 3/4 Stunde unterhalb Weissenau sich wieder mit ihr vereinigt, mitten durch das Kloster. Dieser Canal ist ein sehr altes Werk des Klosters. Zuerst hatte das Kloster eine Wasserleitung angelegt, die das durch Ravensburg gehende Wasser, also das des Flattbachs, ihm zuführte. Da aber diese Leitung nur wenig und schlechtes Wasser gewährte, so wurde ein von der Schussen abgeleiteter Canal angelegt, wozu die Ritter Heinrich von Bigenburg, Heinrich von Raderach und Manstock von Ravensburg die nöthigen Grundstücke theils unentgeldlich, theils gegen Bezahlung abtraten. Dieß geschah unter dem Propst Ulrich, der 1237 starb. Später sperrte Bertold Manstock den Canal, indem er und sein Sohn Jacob die Abtretung des Vaters und Großvaters nicht anerkennen wollten. Sie verglichen sich jedoch endlich mit dem Kloster, laut Urkunde vom J. 1251, unter der Bedingung, daß dem Vater Berthold 10 Saum Wein, dem Sohn Jacob aber ein Pferd, im Werth von 2 Pfund, gegeben werden mußten.

Das Kloster W. wurde 1145 von dem Ritter Gebizo von Bisenburg, auch Wisenburg, gestiftet, s. Blitzenreute.[1] Unter seinen Besitzungen hatte Gebizo ein Gut (mansus) auf dem linken Ufer der Schussen, unter Ravensburg gelegen, welches man die Au (Owe) nannte.[2] Dahin wurde im J. 1145 das Kloster erbaut, welches man das Kloster in der Au zum

  1. Nach dem in St. Gallen liegenden Codex Traditionum Weissenaugiensium, wovon mir der Freiherr v. Laßberg zu Eppishausen eine mit eigener Hand und bewunderungswürdiger Genauigkeit und Zierlichkeit gemachte Abschrift mitzutheilen die Gefälligkeit hatte, hätte das Kloster schon 1118 seinen Anfang genommen. Nach dem geographischen Lexikon von Schwaben wäre sogar schon 990 eine dortige Einsiedelei in ein Kloster verwandelt worden. Allein die urkundlichen Nachrichten des Klosters enthalten nichts hierüber, und jener Codex selbst nimmt das Jahr 1145 als das Stiftungsjahr an.
  2. Auch oberhalb Ravensburg hieß ein Bezirk Au – noch jetzt die Kuppelau. Die alte Schreibart Owe verleitete den Weissenauer Chronisten zu ganz lächerlichen Bemerkungen. Ja wohl: O we! ruft er aus, denn der Ort war eine Wüste etc., und „O we“ könnte man auch sagen wegen der großen Armuth und wegen der übertriebenen Strenge der Prälaten.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Ravensburg. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1836, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Ravensburg_184.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)