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Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/33

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Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn

und szenischen Wettkämpfen, bevor sie die Zuschauer in das Theater und in die Rennbahn einlassen, erst die sämtlichen Wettkämpfer und alle Genüsse für Aug' und Ohr gut vorbereiten, so hat auch der Lenker des Alls wie ein Kampfspielordner und Gastgeber, als er den Menschen zum Mahle und zum Schauspiel rufen wollte, erst das zu beiden Nötige gut vorbereitet, damit er bei seinem Eintritt in die Welt sogleich ein Gastmahl und ein hehres Theater vorfände, ein Gastmahl, das gefüllt ist mit allem, was Erde und Flüsse und Meer und Luft zum Gebrauch und Genuss hervorbringen, und ein Theater, das mannigfaltige Schaustücke bietet von überraschenden Wesen, überraschenden Eigenschaften, erstaunlichen Bewegungen und Reigentänzen in harmonischen Ordnungen, in regelmässigen Zahlenverhältnissen und in übereinstimmenden Umläufen. Man wird nicht fehlgehen, wenn man in allen diesen die ursprüngliche, wahrhafte und vorbildliche Musik findet, von der die später lebenden Menschen Abdrücke in ihrer Seele aufgenommen und so eine notwendige und für das Menschenleben sehr nützliche Kunst überliefert haben[1].

[26.] 79 Das ist der erste Grund, weshalb der Mensch zuletzt geschaffen zu sein scheint; ich muss aber noch einen zweiten ebenso treffenden anführen. Gleich bei seinem Entstehen fand der Mensch alle Zurüstungen für das Leben; darin liegt eine Lehre für die Späteren, indem die Natur ihnen damit gewissermassen laut verkündet, dass sie, wenn sie den Urheber des Menschengeschlechts nachahmen, mühe- und kummerlos in reichstem Ueberfluss an den erforderlichen Dingen [19 M.] leben werden. Das wird dann geschehen, wenn weder die unvernünftigen Gelüste die Seele beherrschen, die die Völlerei und Wollust darin befestigen, noch Ruhm- und Hab- und Herschsucht die Macht über das Leben sich aneignen, noch auch die Leiden die Seele beugen und niederdrücken, noch auch die Furcht, die schlechte Beraterin, die Triebe zu tugendhaften Handlungen zurückdrängt, noch Unverstand,

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/33&oldid=- (Version vom 9.9.2019)
  1. Die Musik der Menschen ist nach der Ansicht der Pythagoreer nur eine Nachahmung und ein Abbild der himmlischen Sphärenmusik.