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Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/27

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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler

auch auf andere Weise durch eine Überlegung einzusehen, da Gott zunächst Licht ist – „Denn der Herr ist mein Licht und mein Heil“ (Ps. 27, 1) wird in den Psalmen gesungen – und nicht nur Licht, sondern jedes anderen Lichtes Vorbild, ja noch mehr: älter und höher als jedes Vorbild, weil es die Bedeutung eines Urbildes hat. Denn das Urbild ist der von ihm ganz erfüllte Logos – „Es sprach“, heißt es nämlich, „Gott: es werde Licht“ (1 Mos. 1, 3) –·, er selbst aber ist keinem Geschöpfe ähnlich. 76 Wie ferner die Sonne Tag und Nacht scheidet, so, sagt Moses, habe Gott Licht und Finsternis getrennt: „Gott schied zwischen dem Licht und der Finsternis“ (1 Mos. 1, 4); wie andererseits auch die aufgehende Sonne das Verborgene an den Körpern zeigt, so brachte auch Gott, der alles geschaffen hat, es nicht nur ans Licht, sondern er schuf auch das, was vorher nicht da war, da er nicht nur Werkmeister, sondern auch selbst ein Schöpfer ist. [14] 77 Es wird aber an vielen Stellen der heiligen Schrift als Sonne im allegorischen Sinne erstens der menschliche Geist bezeichnet, den wie eine Stadt diejenigen erbauen und herrichten, die dazu gezwungen wurden, das Gewordene anstatt des Ungewordenen zu verehren; von ihnen heißt es: „sie bauten feste Städte dem Pharao, Pithom“, das Wort, dem das Überreden zukommt, „Rameses“, die Sinnlichkeit, von der, wie von Motten, die Seele zerfressen wird – es bedeutet nämlich „Mottenerschütterung“[1] –, „und On“, den Geist, welchen er „Sonnenstadt“ nannte (2 Mos. 1, 11), weil er wie eine Sonne die Herrschaft über unsere ganze Körperlast ergriffen hat und seine Kräfte wie Strahlen in den ganzen Körper erstreckt. 78 Den Priester und Verehrer des Geistes aber erwählt sich jeder zum Schwiegervater, der sich die Verwaltung des Körpers angeeignet hat[2] und Joseph heißt. Denn es heißt: „Er gab ihm Asnath, die Tochter Potipheras, des Priesters von Sonnenstadt“ (1 Mos. 41, 45). [633 M.] 79 Zweitens nennt er Sonne die sinnliche Wahrnehmung, da sie alles Sinnliche dem Geiste zeigt. Von ihr hat er mit folgenden Worten gesprochen: „Es ging ihm die Sonne auf, als die Erscheinung Gottes vorüberging“ (1 Mos. 32, 31). Denn


  1. Vgl. zu diesen Allegorien Über die Nachkommen Kains § 55f. Die Gleichsetzung des bibl. On mit Heliopolis steht in LXX.
  2. Joseph, ὁ πολιτικὸς (All. Erkl. III 179), ὁ πολιτευόμενος τρόπος (Wanderung Abr. 159) regiert als Verwaltungsbeamter Ägypten, das mit dem Körper gleichgesetzt wird; deshalb wird er selbst auch ὁ ἐν σώματι νοῦς genannt (Erbe d. Göttl. 256).
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/27&oldid=- (Version vom 7.10.2018)