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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler

Stoffen besprengt werden, da er keinen der Opfer für würdig hielt, der sich nicht zuerst selbst erkannte und die menschliche Nichtigkeit begriff, dadurch daß er von den Elementen, aus denen er zusammengesetzt wurde, darauf schloß, daß er nichts wert sei. [37] 213 Diese drei Bezeichnungen, das durch und durch Weiße, das Bunte und das Graugesprenkelte, erscheinen bei dem Ringer, da er noch nicht vollkommen ist, unvollkommen, bei dem Vollkommenen aber auch selbst vollkommen. 214 In welcher Weise aber, das wollen wir sehen: Als der Hohepriester die durch das Gesetz vorgeschriebenen gottesdienstlichen Handlungen vollziehen will, befahl ihm die heilige Schrift, zuerst sich mit Wasser und Asche[1] zu sprengen (2 Mos. 29, 4), um ihn an sich selbst zu erinnern – als nämlich der weise Abraham mit Gott zusammentraf, sagte er, er sei Erde und Asche (1 Mos. 18, 27)[2] – , dann das bis zu den Füßen reichende Gewand anzulegen[3] und das sogenannte bunte Brustschild darüber (2 Mos. 29, 5)[4] , der leuchtenden Sterne am Himmel Abbild und Nachahmung. 215 Zwei Tempel Gottes gibt es nämlich offenbar: der eine ist diese unsere Welt, in der es auch einen Hohenpriester gibt, seinen erstgeborenen göttlichen Logos,[5] der andere ist die vernünftige Seele, deren Priester der wahre Mensch,[6] dessen sinnlich wahrnehmbares Abbild jener Priester ist, der die von den Vätern überkommenen Gebete und Opfer vollzieht und dem befohlen ist, das erwähnte Gewand anzuziehen,


  1. Philo wirft Ex. 29, 4, wonach Moses den Aron mit Wasser waschen soll, zusammen mit Num. 19, 5ff., wonach die Reinigung eines Unreinen durch Besprengung mit einem aus Wasser und Asche (der Roten Kuh) bestehenden Sühnemittel erfolgt, und zwar nach Philo Über die Einzelges. I 264, um uns an unseren Ursprung zu erinnern. Nach ebd. 268 (und Jos. Alt. IV 79) vollzieht der Hohepriester diese Sprengung: daher besprengt Aron nach unserer Stelle sich selbst.
  2. Vgl. Über die Unveränderlichkeit Gottes § 161. Der Erbe des Göttlichen § 29f.
  3. Siehe über dieses und seine symbolische Bedeutung All. Erkl. II § 56.
  4. Siehe hierüber Über die Einzelgesetze I § 94.
  5. Über den Logos als Priester vgl. Über die Cherubim § 17, Über die Nachstellungen § 132, als Hohenpriester Über die Riesen § 52, Über die Flucht und das Finden §§ 108, 117, als Priester, Sohn Gottes und Paraklet Leben Mosis II § 134. Über die Beziehungen dieser Stellen zur Bezeichnung Jesu als Hohenpriester im Hebräerbrief 6, 20ff. vgl. Leisegangs Artikel „Logos“ in Pauly-Wissowas Realenzyklopädie XIII, 1079.
  6. Über das Motiv des „wahren Menschen“ bei Philo vgl. Leisegang, Der heilige Geist 79 und die Anmerkung zu Über die Nachstellungen § 10.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/54&oldid=- (Version vom 7.10.2018)