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die Fleischfasern ein wenig erkennen kann. Das recht saftige weiche Fleisch ist lichtpurpurroth, der Saft nicht stark färbend. Der Stein ist länglich-rund, nicht zu groß, er löst sich gut vom Fleische und vom Stiele. Der Geschmack ist pikant süß-säuerlich, ohne zu viel Säure. Sie färbt sich lange vor der Zeitigung, wirklich reif war sie gegen das Ende des Juli, die Kirschen hielten sich aber noch 14 Tage gut am Baume und nach seinem Volltragen scheint letzterer auch recht tragbar zu seyn.

Diese Kirsche, welche der hier gegebenen Schilderung nach gewiß weniger den Glaskirschen (Griotten), als den Weichseln zugezählt werden muß, hat auch Aehnlichkeit (doch etwas frühere Reife) mit einer anderen Sorte, deren ich als einer neuen Sorte hier erwähnen will, obgleich sie nicht zu dem hier abgehandelten Belgischen Sortimente gehört, nämlich mit der

Schattenmorelle, mit welcher mich Herr Kunstgärtner Möhring in Arnstadt bekannt gemacht hat, indem er 1852 im September einen Teller voll Früchte und 1853 mehrere junge Bäume sandte. Wie ich im fünften Hefte unserer Vereinsschrift S. 52. bemerklich gemacht habe, waren mehrere Mitglieder unseres Vereins nicht abgeneigt, die gesendeten Kirschen für schattig erzogene Ostheimer zu halten und dem Standorte des Baumes den gegen die Ostheimer beobachteten weniger edlen Geschmack und die längeren Stiele zuzuschreiben, allein schon das Holz der von Herrn Möhring später bezogenen Bäume gab merklichen Unterschied zu erkennen. Diese Schattenmorelle ist jedenfalls von Herrn Oberdieck’s Früher Schattenmorelle verschieden, welche mir gegen die Ostheimer Kirsche wenig Unterschied darzubieten scheint, wenigstens nach der Vegetation und einzelnen bis jetzt erhaltenen Früchten von dem Bäumchen, welches ich aus seinen Pfropfreisern erzogen habe – es müßte denn seyn, daß ich beim Aufsetzen des Edelreises einen Irrthnm begangen und einen Zweig von dem zur Umwandlung bestimmten Ostheimer Kirschenstämmchen wieder aufgesetzt hätte. – Die Früchte dieser Arnstädter Schattenmorelle sind nur etwa ¾ so groß, als die Ostheimer Kirschen, den letztern auch im Geschmack ähnlich, doch haben sie weniger Aroma und Süßigkeit und sie unterscheiden sich auch noch weiter durch einen längeren (1½–2″ langen) Stiel, der grün ist und keinen Absatz hat. Die Reifzeit dieser Kirsche war hier an einer östlichen Wand zu Anfang des August; in nördlicher, also wenig sonniger Exposition ist dieselbe später, wie die aus Arnstadt in der Mitte des September hiehergelangten Kirschen dies bewiesen haben. – Ob diese Sorte, welche übrigens, auch nach Herrn Möhring’s Angaben, besonders an einem östlichen Spaliere recht fruchtbar zu seyn scheint, sich im von Truchseß’schen Sortimente schon befindet, kann ich z. Z. nicht sagen. Mit den von ihm beschriebenen Arten von Morellen stimmt sie nicht, es sind dies lauter große Kirschen, von welchen ich selbst aber nur eine einzige, nämlich die Große Morelle besitze. Durch das Gedeihen dieser Kirsche an nördlichen und schattigen Wänden (woher ihr Name) wird dieselbe recht werthvoll und auch ihre späte Reife macht sie zu manchen Zwecken recht angenehm.

Griotte Seize à la livre. (Sie ist als sehr große Frucht von erster Qualität, im Juli reif, im Pap. Verzeichniß aufgeführt.) Nach den bereits erhaltenen Früchten und der Vegetation des Baumes ist es sicher die Große lange Lothkirsche des

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_160.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)