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das Auftrocknen des Anstrichs, der sich an den übergehenden Randtheilen länger klebrig erhält, weil Luft und Sonne minder auf denselben einwirken können. Es wurde bereits bemerkt, daß sich die Raupen in der Nähe der Bäume, auf denen sie gelebt und gezehrt haben, in der Erde verpuppen. Gräbt man daher zeitig im Oktober oder auch noch früher den Boden um diese Bäume in möglichster Ausdehnung um, so werden damit schon viele Puppen zerstört. Den Raupen läßt sich auf Hochstämmen nur dann mit einigem Erfolge beikommen, wenn sie etwas herangewachsen sind. Man sucht sie durch Anklopfen der Aeste herabzubringen, was aber nur mit solchen Stangen oder Holzstücken geschehen darf, welche am oberen Theile mit einem weichen Stoffe, alten Tüchern etc., ziemlich dick umwickelt sind, im andern Falle würde die Rinde vielfältig beschädigt werden. Hindert daran nicht eine bereits stark herausgewachsene Aussaat auf dem Baumstücke, so ist es sehr zweckmäßig, vor dem Abklopfen größere leinene Tücher auszubreiten, um der herabfallenden Spanner um so vollständiger habhaft zu werden.

Uebrigens leisten auch bei dieser Raupenjagd die Theergürtel gute Dienste, indem sie die Rückkehr der abgefallenen Raupen, welche man nach dem Abklopfen nicht bekommen hat, auf den Baum hindern. Noch ist zu erwähnen, daß auch ein anderer Spanner, nämlich die Raupe der Geometra defoliaria, des Waldlindenspanners, in manchen Jahren durch ihr massenhaftes Auftreten unseren Obstbäumen sehr nachtheilig wird. Hier kam solches in den vierziger Jahren vor. Es gilt von dem Schmetterlinge und der Raupe alles bei der Geometra brumata Gesagte.

Die Raupe ist braunroth, in jeder Seite mit einem breiten schwefelgelben Streifen, in welchem auf jedem Abschnitt ein rothbraunes Strichelchen steht; der etwas blasse Kopf ist oben herzförmig eingeschnitten. In der Ruhe sitzt sie mit gekrümmtem Leibe und aufgerichtetem Vordertheil des Körpers.

Neben den Schlupfwespen, Ameisen und anderen Insekten, sind aus der Thierwelt die kleinen insektenfressenden Vögel, vor allen die verschiedenen Meisenarten unsere fleißigsten Hülfstruppen in Vertilgung der beiden Spanner. Es kann daher den Besitzern von Obstgärten und Obststücken nicht genug empfohlen werden, dieselben nicht nur möglichst zu schonen, sondern ihnen auch die Ansiedelung bei uns thunlichst zu erleichtern. Bei den Meisen geschieht dieses mit Erfolg durch das Anbringen gefertigter Meisenkästen an stärkeren Bäumen, in denen sich namentlich die Blaumeise bald und gerne ansiedelt, und ihre Kinder darin mit Tausenden von Spannern groß füttert. Sind Waldungen in der Nähe, so kann man durch Anbringen der bekannten Staarenkästen, wie sie nach dem Bairischen Hochgebirge hin häufig gefunden werden, auch diese fleißigen Jäger nach dem grünen Spanner anziehen. Elementare Ereignisse vernichten oft gründlicher als alle anderen Mittel den Schmetterling oder die Raupe; allein bis dieselben eintreten, verfließen oft mehrere Jahre und bis dahin sind nicht nur häufig enorme unmittelbare Verluste durch den Ausfall sonst zu erwartender Obsterndten entstanden, sondern die Bäume auch in den weiteren Jahren durch die Erschöpfung für den Fruchtertrag unfähig gemacht.

Auch hier wie vielfältig anderwärts bietet die weise Schöpfung dem Menschen die Möglichkeit, durch Anwendung seiner

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_173.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)