Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 175.jpg

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ein Bürgermeister Hardenpont, Graf Coloma, Abt Duquesne und Andere, namentlich aber der Professor van Mons durch eine eben so glückliche Praxis. Schon seit 1798 war dieser letztere, um die Obstkultur höchst verdiente Mann bemüht gewesen, alle in neuerer Zeit aus Samen entstandenen, edlen Sorten zu sammeln, und er selbst erzog mit unermüdetem Eifer nach und nach mehr als 80,000 Stämme aus Kernen, die er öfter selbst durch künstliche Befruchtung gewonnen, auch sorgfältig bezeichnet hatte, und vermehrte die darunter fallenden guten Sorten in einer größeren Baumschule. Vorzüglich suchte er Birnen zu gewinnen, da es in dieser Obstklasse noch sehr an recht schmelzenden, und noch mehr an spät reifenden Früchten fehlte, und sehr viele der von ihm verbreiteten Birnen, da sie vom ersten Keime an in einem mehr nördlichen Klima erzogen waren, wetteifern mit den besten älteren, zugleich reifenden Sorten, ja übertreffen diese selbst. Sein 1823 erschienener Katalog[1] enthält gegen 800 Obstsorten, die in neueren Zeiten durch die Kernzucht, und meistens von ihm selbst in’s Daseyn gerufen wurden und er sagt in der Vorrede zu diesem Kataloge, daß alle von ihm nach Personen genannten, oder mit der Note „très à propages“ versehene Früchten vorzüglicher seyen, als eine wohlgerathene St. Germain, Colmar, Crassane u. dgl., indem die Note très à propages entspreche dem höchsten Grade der Vollkommenheit, welche eine Frucht erlangen könne, wobei dieselbe Schönheit der Form und Größe mit der größten Feinheit des Geschmacks und Saftes vereinigen müsse, während die beigesetzten Noten „excellent,“ „exquis,“ „délicieux“ nur besagten, daß eine Frucht eben so gut sey, als die besten alten Varietäten. – Um so viele ausgesuchte Sorten zu erhalten, habe er sich bemüht, die alten guten Varietäten in continuirlicher Reihe zu erneuern, indem er z. B. von den aus Kernen einer Colmar gefallenen Früchten, wieder Kerne säete, und so eine zweite, dritte und mehrere Generationen gewann. Dadurch entferne sich eine Frucht immer mehr von dem Zustande der Natur, und gehe in den der Kunst über, wo man endlich lauter gute Früchte erhalten müsse, und so hätten die Kirschen und Aprikosen schon in der dritten Generation keine mittelmäßigen Früchte mehr geliefert, und bei der vierten Generation habe der Apfel sich beständig in vorzüglicher Qualität reproducirt. Nur mit den Birnen sey es ihm noch nicht so gut gelungen, unter denen noch viel Mittelgut, ja selbst mehr Schlechtes falle. Dabei behauptet er jedoch nicht, von Sämlingen wieder eben solche Früchte, als die Mutterfrucht war, erhalten zu haben, vielmehr bemerkt er, daß vorzüglich die Birnen sich immer unter schneidenden Abänderungen reproducirten, die oft kaum eine Vergleichung mit der Mutterfrucht zugelassen hätten. Aber sehr rühmt er den gesunden und hohen Wuchs seiner Birnbäume (die man ohne Beschneiden der Krone aufwachsen ließ), die Pappeln glichen, von keinem Insekte berührt würden, vom Froste nicht litten, ihre Früchte nicht fallen ließen, auch nicht, wie andere Bäume, nur ein Jahr um’s andere trügen. Er bemerkt noch in der Vorrede zum Kataloge, daß je mehr man die Erneuerungen durch Kernsaat vervielfältige,

desto früher die erhaltenen


  1. Catalogue déscriptif abrégé, contenant une partie des arbres fruitiers qui depuis 1798–1823 ont formé la collection de van Mons. Louvain 1823.
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_175.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)