Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 182.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und so vom Baum genommen, erhalten sie durch das Ablagern nie jenen Saft und jenes Arom, welches sie bei voller Reife zeigen, sondern sie werden mehlig.

Der Nagerpfirsich wird größer, ist härter, wie der Muskatellerpfirsich, aber eben so saftreich und hat sogar entschieden mehr Aroma und sättigt mehr. Das Fleisch desselben ist weiß, gegen den Stein hin fleischroth. Diese Pfirsiche sind zum Versenden geeigneter, und daher für den Besitzer werthvoller; sie lassen sich einige Tage aufbehalten, gewinnen dadurch mehr im Saft, und werden nie wie die Muskatellerpfirsiche durch Liegen mehlig. Eine andere Eintheilung der Pfirsiche ist nach der Reifezeit in frühe und späte. – Die frühesten sind stets Muskateller, um Magdalena (am 22. Juli) kommen die ersten zum Verkaufe, die Nager bis Anfangs August; – von letzterer Gattung gibt es hier eine größere Anzahl Bäume als vom Muskatellerpfirsich, und die spätesten, welche erst die letzten Oktobertage zu Markte kommen, sind blos Nager.

Nach der Farbe des Fleisches haben wir noch gelbe, sogenannte Quitten-Pfirsiche, und zwar in beiden Sorten, als Nager und Muskateller, – und endlich Nußpfirsiche oder nackte; sie sind klein, kaum größer als die welschen Nüsse, karmoisinroth und grünlich, haben eine glänzende geglättete feine Schale, sind weniger gesucht und daher selten gepflanzt.

Wir kennen keine andere Abarten, und haben für die kleinen Unterscheidungen an Farbe, Größe, und mehr oder minder gewürzhaften Geschmack keine Namen. – Der Name Nager und Muskateller ist hier allein bekannt, obschon der Unterscheidungszeichen zwischen einer und der anderen Varietät mehrere sind als bei vielen Apfelsorten. Es wäre auch durchaus nicht praktisch, hier zu Land ein System der Pfirsiche aufzustellen und spezielle Namen zu ersinnen, denn bei keiner Früchtegattung gefällt sich die Natur so sehr im Wechsel ihrer Bildungen als bei den Pfirsichen. An einem und demselben Baume gibt es so mannigfaltige Schattirungen, so herrliche Kolorite vom hellsten bis zum dunkelsten Roth, daneben blasse und grünlichte je nach der Lage der Frucht, daß ein Theoretiker, dem man die Früchte eines Baums in einem Korbe brächte, in die Versuchung geführt würde, mehrere verschiedene Sorten zu machen. Am verschiedensten ist der Geschmack, und diesen bedingt die Lage, der Boden und die Erdart. Unser Etschland bei Botzen, kaum 1½ Stunden breit, von drei Flüssen, der Talfer, Eisek und Etsch durchschnitten, liefert eine mannigfaltige Auswahl der schönsten Pfirsiche, deren Verschiedenheit in der Verschiedenheit des Bodens, durch die früheren Anschwemmungen der Bäche erzeugt, ihren Grund haben dürfte, denn die Wärme kann durchaus keinen solchen Unterschied begründen. Die im Bewässerungsbereiche der Talfer in Gries gewachsenen Früchte sind viel aromatischer, schöner gefärbt, und geschätzter, als jene an den Ufern der Eisak, und so freudig auch der Pfirsichbaum in dem feinsandigen Boden der Etsch heranwächst, je näher wir den italienischen Gauen kommen, desto rauher, blässer, haariger, wird die Frucht. Würden drei ganz gleiche Bäumchen von derselben Gattung in diese verschiedenen nur eine Stunde entfernten Gründe gesetzt, Niemand würde ahnen, daß die Früchte zu einer Sorte gehören.

Nach dieser Erfahrung wäre es verlorene Mühe, die so verschiedensten Spielarten, wie sie hier von Spanne zu Spanne

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_182.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)