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Marie Petersen: Prinzessin Ilse

Gespräch mit dem Engel belauscht und sich gefreut habe, daß sie ihn so schnöde abgefertigt. Er konnte nicht begreifen, wie man so viel Reiz und Anmuth, ein so wunderliebliches Prinzeßchen auf die platte Erde hinabschleppen und in finstere Thäler vergraben wolle. Er redete zu ihr von der glänzenden Zukunft, die ihrer warte, wenn sie ihm gestatten wolle, ihr zu dienen, – erzählte von seinem luftigen Landsitz auf einem der höchsten und herrlichsten Berge Deutschlands; dorthin wolle er sie führen, sie mit einem glänzenden Hofstaat, mit all der Pracht und Herrlichkeit umgeben, welche ihrem stolzen Range gebühre; – in Luft und Freude sollte sie dort thronen, hoch erhaben über alle Wasser und Wässerchen des Erdbodens.

Das Herzchen schlug der kleinen Ilse in freudiger Erwartung hochauf ob all dieser schönen Versprechungen. Und als der Mann nun seinen Mantel aus einander schlug und eine breite goldne Schale daraus hervor nahm, deren kunstreich gearbeiteter Fuß mit blitzenden Edelsteinen besetzt war, und diese Schale vor sie hinstellte und die holdselige Prinzessin einlud, sich darin niederzulassen, damit er sie nach seinem schönen Brockenberg tragen könne, wo zahllose Dienerinnen ihr schon lustige Feste bereiteten, da war’s um alle Besinnung, um jedes Bedenken bei der kleinen Hoheit geschehen. In freudiger Hast, mit beiden Füßen zugleich, sprang sie hinein in das goldene Becken, das ihre Wasser hochauf spritzten, und ein paar Tropfen davon auf die Hand des dunklen Mannes fielen, wo sie zischend verdampften, während ein brennendes Weh durch alle Glieder der kleinen Ilse zuckte.

Erschrocken griff das arme Kind nach dem Rand der Schale, als wollte es sich gleich wieder drüber hinaus schwingen, und blickte scheu empor in das Gesicht des Mannes. Der aber lachte es aus, faßte die Schale mit gewaltiger Hand, hieß den

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Marie Petersen: Prinzessin Ilse. Alexander Duncker, Berlin 1857, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Prinzessin_Ilse_(Marie_Petersen).pdf/20&oldid=- (Version vom 1.8.2018)