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18. Von den ungetreuen Wirthstöchtern und von der Prinzessin mit goldnen Haaren.

Ein Bauer hackte Holzzacken ab, dabei sah er ein Nest, schlich sich leise herzu und fing darauf einen Vogel. Ei, dachte er, meine Tochter ist so hübsch und ich habe niemals etwas, das ich ihr schenken kann; darum will ich den Vogel mitnehmen und ihr ihn schenken. Der Vogel hüpfte nun vor dem Mädchen in der Stube umher, wo es ging und stand; das war gar lustig anzusehen und das Mädchen hatte seine Freude daran. Es kam aber alle Dienstage und Donnerstage (denn das sind die Glückstage im Handel) ein Handelsmann in’s Dorf, mit den Bauern zu handeln, und kehrte auch immer im Hause des Mannes vor, der die schöne Tochter hatte. Eines Tages war der Vogel allein in der Stube, als der Händler hereintrat, und ehe die Dirne wieder kam, hob er den Vogel vom Boden auf, besah ihn von allen Seiten und las, daß unter seinen Fittigen geschrieben stand: Wer des Vogels Fleisch genösse, würde viel Geld haben, wer aber sein Herz genösse, würde König werden. Da setzte der Handelsmann den Vogel wieder hin, that als hätte er nichts gelesen, begann aber alsobald um die Bauerntochter zu werben, erhielt sie auch und verlangte, daß ihm der Vogel mit in die Aussteuer gesetzt würde. Hierüber lachte der Bauer und seine Tochter, doch wurde ihm der Vogel verschrieben.

Am Tage nach der Hochzeit sollte die Bauerntochter dem Handelsmanne den Vogel braten und sie briet ihn in Öl. Als er noch in der Pfanne auf dem Heerde stand und die Bauerntochter wieder in die Stube gegangen

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/83&oldid=- (Version vom 1.8.2018)