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miteinander ein Abendessen zu uns nehmen.“ Da hielt der Jüngling ein, denn er war von der Reise und auch von dem Drehen gar müde, und setzte sich wieder zwischen der Wirthin Töchter zu Tisch. Die schenkten ihm fleißig ein und als sie gegessen hatten und noch eine Weile bei Tische saßen, schlief der Jüngling ein. Da mußte ihm die Tochter der Wirthin, die schon des Vogels Fleisch genossen hatte, den Ring vom Finger ziehen. Dann trugen sie ihn vor die Thür, schlossen das Haus zu und wie sehr der Jüngling auch klagte und in der Kälte fror (denn es ist mitten im Winter gewesen), ließen sie ihn nicht ein und er mußte ohne den Ring und ohne das Geld seiner Wege gehen.

Wie er am andern Tage so dahin wanderte, kam er in ein Winterland, da stand der schönste Salat auf dem Schnee, und weil ihn hungerte, so aß er davon und sogleich war er in einen Esel verwandelt. „Was fängst Du nun an?“ sprach er bei sich, denn zum Glück hatte er seinen menschlichen Verstand behalten. Aber da war kein Rath und wie im Traum ging er als Esel fort. Nach einer halben Stunde kam er an ein Sommerland und weil da wieder viel schöner Salat stand und ihn nun noch mehr hungerte, so wollte er als Esel mit großer Begier davon fressen. Kaum hatte er aber nur ein Blatt davon abgebissen, als er wieder ein Mensch war. „Warte!“ dachte er, „jetzt will ich die Wirthin und ihre Töchter strafen.“ Schnell ging er zurück in’s Winterland und holte sich von dem Eselssalat. Er war aber in dem Winterlande so mit Schnee und Reif bedeckt worden, daß Niemand ihn an dem Tage wieder erkennen konnte, der ihn auch früher noch so gut gekannt hatte.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Märchen für die Jugend. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1854, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Maerchen_fuer_die_Jugend.pdf/87&oldid=- (Version vom 1.8.2018)